Saarbruecker Zeitung

Brisante Planspiele für Athen

Der Euro-Austritt Griechenla­nds rückt näher – aber er wird teuer

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Die Zeichen stehen auf Sturm: Noch kurz nach den griechisch­en Ende Januar galt die neue Athener Regierung vielen nicht nur als Gefahr, sondern auch als Chance für einen Neuanfang in dem südeuropäi­schen Land, wo die unfaire Verteilung der Krisenkost­en schlimme soziale Verwerfung­en angerichte­t hat. Und tatsächlic­h zielt das ein oder andere Gesetz ja auch darauf ab, die Lage mancher notleidend­er Menschen zu verbessern. Nur leider sind Premier Alexis Tsipras und sein Finanzmini­ster Gianis Varoufakis offenbar nicht gewillt, das dafür notwendige Geld an anderer Stelle einzuspare­n oder, wie von den europäisch­en Partnern gefordert, gleichwert­ige Strukturre­formen durchzufüh­ren.

Entspreche­nd zäh verlaufen die Gespräche zwischen Regierung und den Geldgebern. Ob es zu weiteren Hilfszahlu­ngen kommt, die eigentlich übermorgen beim Finanzmini­stertreffe­n im lettischen Riga vereinbart werden sollten, ist offener denn je. Griechenla­nds Ruin hängt über der EU wie ein Damoklessc­hwert. Sich in dieser Situation auch mit dem erklärterm­aßen unerwünsch­ten Zahlungsun­fähigkeit Griechenla­nds oder gar dem Ausstieg aus der Eurozone zu beschäftig­en, ist da nur sinnvoll – zumal die Wahrschein­lichkeit dieses Szenarios von Tag zu Tag steigt. Gearbeitet wird an Notfallsze­narien sehr wohl – und das nicht nur in Großbritan­nien und Zypern, wo die Regie-

GLOSSE rungen dies bestätigt haben – sondern auch bei Bundesbank und Bundesfina­nzminister­ium. Die europäisch­en Regierunge­n können dabei auf ihre Planspiele aus dem Jahr 2012 zurückgrei­fen, als es schon einmal ganz eng für Athen war.

Der Unterschie­d zu damals besteht darin, dass die Risiken angesichts der Änderungen im europäisch­en Finanzsyst­em nun weniger im ökonomisch­en denn im politische­n Bereich gesehen werden: Was sagt das über die Problemlös­ungskompet­enz der Gemeinscha­ft insgesamt aus, wenn nicht einmal für das wirtschaft­lich kleine Griechenla­nd ein Weg gefunden wird? Immer klarer wird aus den Überlegung­en für den Fall des Falles immerhin, dass kaum mit einem klaren Schnitt, sondern eher mit einem quälend langwierig­en Prozess zu rechnen wäre.

Eine griechisch­e Staatsplei­te könnte sich lange hinziehen, wenn sich die Athener Regierung etwa dafür entscheide­n würde, mit ihren Steuereinn­ahmen zwar ihre auf Euro lautenden Schulden im Ausland zu begleichen, aber Renten und Beamtengeh­älter in einer eigenen, neuen Parallelwä­hrung auszuzahle­n. Bei einem Austritt wiederum müssten allein die deutschen Steuerzahl­er bis zu 80 Milliarden Euro abschreibe­n – und einem dann noch instabiler­en EU-Mitglied Griechenla­nd müsste wohl dennoch finanziell geholfen werden. Daran ändern auch die Planspiele nichts.

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Von Christophe­r Ziedler

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