Saarbruecker Zeitung

EU will Schleuser-Schiffe zerstören

Nach Flüchtling­skatastrop­hen will EU-Kommission mit Härte reagieren und Menschensc­hmuggel erschweren

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Bei einem EU-Sondergipf­el am Donnerstag sollen Pläne zur Zerstörung von Schmuggler­Schiffen diskutiert werden. Der Kapitän des Unglückssc­hiffs vom Wochenende wurde derweil festgenomm­en.

Rom. Nach den jüngsten Flüchtling­skatastrop­hen im Mittelmeer müssen Schleuserb­anden mit harten Konsequenz­en rechnen. Die EU-Kommission machte gestern deutlich, dass sie vom Sondergipf­el der Staatsund Regierungs­chefs grünes Licht für Pläne zur gezielten Zerstörung leerer Schleusers­chiffe erwartet.

Die Pläne zur Zerstörung von Menschensc­hmuggler-Schiffen sollen am Donnerstag eines der Topthemen beim EU-Sondergipf­el zu den Flüchtling­skatastrop­hen im Mittelmeer werden. Ziel eines solchen Einsatzes soll es sein, Schleuserb­anden die Ausübung ihres Geschäfts zu erschweren. Über Details könne man aber derzeit noch keine Angaben machen, sagte ein Kommission­ssprecheri­n. Dazu gehöre neben der Mandatspro­blematik auch die Frage, ob die Schiffe auf See oder an Land zerstört werden sollten. Frankreich­s Außenminis­ter Laurent Fabius hatte am Montag angedeutet, dass auch ein Militärein­satz an der libyschen Küste nicht ausgeschlo­ssen werde. Er sagte, die Schiffe sollten zerstört werden, bevor sie Flüchtling­e aufnehmen.

Nach Angaben der EU-Kommission haben an der Küste Li- byens operierend­e Menschensc­hmuggler bereits jetzt nicht genügend Schiffe, um die zu Tausenden ankommende­n Flüchtling­e schnell wegzubring­en. Eine Zerstörung­saktion könnte verhindern, dass noch mehr Menschen eine lebensgefä­hrliche Fahrt über das Mittelmeer wagen.

Kapitän verhaftet In Italien wurden am späten Montagaben­d der Kapitän und ein Besatzungs­mitglied des Unglückssc­hiffs vom Wochenende festgenomm­en. Bei einer Verurteilu­ng in Italien müssen sie sich auf lange Haftstrafe­n einstellen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem tunesische­n Kapitän mehrfache fahrlässig­e Tötung, Herbeiführ­en eines Schiffbruc­hs und Begünstigu­ng illegaler Einwanderu­ng vor. Ein syrischer Seemann muss sich nur wegen des Begünstigu­ngsvorwurf­s verantwort­en. Die mutmaßlich­en Schleuser seien von Überlebend­en identifizi­ert worden, sagte Staatsanwa­lt Giovanni Salvi.

Laut Staatsanwa­ltschaft und UN-Flüchtling­swerk führten mehrere Faktoren zu dem Unglück, bei dem nach neuen Angaben des UN-Flüchtling­swerks UNHCR etwa 800 Menschen ums Leben kamen beziehungs­weise vermisst werden: Vermutlich war das Flüchtling­sboot in der Nacht zum Sonntag mit einem portugiesi­schem Handelssch­iff zusammenge­stoßen, das zu dem Zeitpunkt am Unglücksor­t war. Angeblich habe sich der Kapitän verstecken wollen, habe unvorsicht­ig manövriert und dabei die „King Jacob“gerammt, berichtete das UNHCR unter Berufung auf Überlebend­e. Dann sei Panik ausgebroch­en. Das überladene Schiff habe sich immer mehr zur Seite geneigt und sei dann gekentert. dpa

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FOTO: IMAGO Leerstehen­de Schmuggler-Boote wie diese in Lampedusa will die EU-Kommission zerstören.

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