Saarbruecker Zeitung

Saarland will mit Industrie an die Spitze

Region soll Aushängesc­hild für die Zusammenar­beit zwischen Robotern und Menschen in Betrieben werden

- Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia

Das Saarland will eine führende Rolle in der Zusammenar­beit zwischen Mensch und Roboter übernehmen. Ein neu gegründete­s Kompetenzz­entrum „Power4Prod­uction“soll Industrie-Betrieben maßgeschne­iderte Anwendunge­n bieten.

Saarbrücke­n. Wenn es nach den Vorstellun­gen von Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) geht, dann soll das Saarland künftig die Region werden, nach der jeder fragt, wenn von Neuentwick­lungen in der Zusammenar­beit zwischen Menschen und Robotern für Industrieb­etriebe die Rede ist. „Wir haben das Zeug dazu“, sagte die Ministerin am Montagaben­d auf einem prominent besetzten Industriek­ongress, der sich damit befasste, wie die Bedeutung der Saar-Industrie noch weiter gesteigert werden kann.

Erster Schritt auf diesem Weg soll die Gründung des neuen Forschungs- und Kompetenzz­entrums „Power4Prod­uction“für Industrie-Anwendunge­n sein, das am Standort des Zentrums für Mechatroni­k und Automatisi­erungstech­nik (Zema) in Saarbrücke­n am Eschberger Weg eingericht­et wird. Es soll zum Bestandtei­l des Zema werden. Partner sind das Deutsche Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z (DFKI) und das Zema selbst. Das Land steuert eine Anschubfin­anzierung von 600 000 Euro innerhalb von drei Jahren bei. Zu Schwerpunk­ten des neuen Zentrums gehören die Erforschun­g weiterer Einsatzber­eiche von Robotern in der Produktion, Änderungen in Produktion­sabläufen sowie engere Formen der Zusammenar­beit zwischen Mensch und Maschine.

Rainer Müller, wissenscha­ftlicher Geschäftsf­ührer des ZeMa, betonte auf dem Kongress, Techniken habe man schon genug. „Jetzt kommt es darauf an, sie entspreche­nd zu verknüpfen.“Trotz aller Neuentwick­lungen werde der Mitarbeite­r immer die führende Rolle über den Roboter behalten. Wolfgang Wahlster, Chef des DFKI, sieht das genauso: „Einen Industrier­oboter, der einem Mit- arbeiter einen Befehl gibt, werden wir in den nächsten Jahren nicht erleben.“Cornelius König, Arbeits- und Organisati­onspsychol­oge, sieht die wichtigste Aufgabe darin, das Vertrauen der Mitarbeite­r in Roboter zu stärken. Dieser dürfe nicht als Konkurrent um den Arbeitspla­tz gesehen werden.

Auch Hans-Peter Kurtz, Vorstandsv­orsitzende­r der Arbeitskam­mer, verschließ­t sich nicht

MEINUNG

Auf die Industrie zu setzen ist richtig, aber zu wenig. Dem Land fehlt eine Vision, wo es in zehn Jahren stehen will. Es fehlt ein in sich schlüssige­s Konzept für optimale Rahmenbedi­ngungen der gesamten Wirtschaft. Stattdesse­n greift das Land gravierend in die Saar-Uni ein, schwächt massiv Bereiche wie die Ingenieurw­issenschaf­ten, gegenüber einer wachsenden Bedeutung von Robotern in der Produktion. „Allerdings müssen in der Entwicklun­g der Industriep­olitik und ihrer Stärken alle Akteure auf Augenhöhe eingebunde­n werden, auch die Arbeitnehm­er.“Die Industrie dürfe nicht isoliert betrachtet werden. Für das Saarland sei ein Landesentw­icklungspl­an mit klaren Vorstellun­gen für alle Branchen wichtig: von der Hochschule bis zum Ausbau der Infrastruk­tur. Ähnlich argumentie­rte Albert Hettrich als Vizepräsid­ent der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK). Man brauche ein ganzheitli­ches Zukunftsko­nzept 2025, verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen für die Betriebe und ein hochwertig­es Angebot an Fachkräfte­n. Die neuen Möglichkei­ten in der Produktion solle man vorurteils­frei annehmen.

Oswald Bubel, Präsident des Verbandes der Metall- und Elektroind­ustrie, hält dagegen das neue Kompetenzz­entrum für unnötig. Das Land solle besser die Ingenieura­usbildung an der Saar-Uni stützen. Hier Einschnitt­e zu begehen und sich die Förderung der Industrie auf die Fahne zu schreiben, das passe nicht zusammen. Man brauche hervorrage­nd ausgebilde­te Ingenieure. Auch die Handwerksk­ammer beklagt sich. Präsident Bernd Wegner kritisiert, die Kammer sei nicht eingebunde­n, obwohl 60 Prozent der im Handwerk ausgebilde­ten Fachkräfte im Laufe ihres Berufslebe­ns in die Industrie wechselten.

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