Saarbruecker Zeitung

Wohin steuert die Großregion?

Experten ziehen Bilanz: Das gemeinsame Projekt ist in vielen Bereichen gescheiter­t

- Von SZ-Mitarbeite­rin Silvia Buss

Während auf dem grenzübers­chreitende­n Arbeitsmar­kt kleine Fortschrit­te zu verzeichne­n sind, sieht es etwa bei der gemeinsame­n Verkehrspo­litik der Großregion düster aus. Zu diesem Fazit kamen Experten auf einer Tagung.

Otzenhause­n. „Das Zukunftsbi­ld 2020 ist das kreativste Papier zur Situation der Großregion der letzten 20 Jahre“, schwärmte Franz-Peter Basten, ehemaliger Staatsekre­tär von RheinlandP­falz, der 2003 daran mitgewirkt hat. Doch leider, so das Fazit einer Tagung in der Europäisch­en Akademie Otzenhause­n am Montag zur „Halbzeitbi­lanz“, hat die Politik bisher kaum eines der damals gesteckten Ziele erreicht. Auch Basten, der als einer von rund einem Dutzend Referenten über die „Arbeitsmar­ktregion“sprach, verhehlte das nicht. Man habe weder eine gemeinsame Arbeitsmar­kt-, noch Wirtschaft­spolitik oder Wirtschaft­sförderung, und die Sprachkomp­etenz leide Not, befand er. All das führe dazu, dass die Großregion „weder ein Gesicht noch ein Gewicht“habe.

Dabei konnte Heidrun Schulz von der Bundesagen­tur für Arbeit Rheinland-Pfalz-Saarland gerade für diesen Bereich noch zarte Fortschrit­te vermelden. Bei der grenzübers­chreitende­n Arbeitsver­mittlung habe man im Vorjahr 1000 Kunden zu deren Zufriedenh­eit betreut und etliche auch vermitteln können, berichtete sie. Auf der Plus-Seite ist für sie auch die Rahmenvere­inbarung für die grenzübers­chreitende Be- rufsausbil­dung zu vermerken. Allerdings gebe er gerade mal zehn junge Lothringer, die das Angebot zur Berufsausb­ildung im Saarland nutzen und insgesamt sei die Zahl der lothringis­chen Arbeitspen­dler um über 2000 geschrumpf­t. Für Jung-Unternehme­r im Saarland wiederum ist die Großregion offenbar überhaupt kein Begriff: weil sie sich mit ihren begrenzten Ressourcen heimatnah orientiere­n, wie Matthias Tinnemeier von den Wirtschaft­sjunioren erklärte. Die Jugend kam übrigens im „Zukunftsbi­ld“gar nicht vor.

Auf ganzer Linie gescheiter­t ist die gemeinsame Verkehrspo­litik, wie Ex-Ministerpr­äsident Reinhard Klimmt (SPD) im Detail aufzeigen konnte. Weder die europäisch­e Anbindung der Wasserstra­ßen, noch die per Schiene an die Großflughä­fen sei erreicht oder nur erreichbar; ein „Desaster“, dass man bald sogar umsteigen müsse, um von Saarbrücke­n nach Metz oder Straßburg zu kommen. Bescheiden wirkt da die Erfolgsmel­dung von Gilbert Schuh über die grenzübers­chreitende Buslinie Saarbrücke­n-St. Avold. Der Morsbacher Bürgermeis­ter hält denn auch gerade die bilaterale­n Kooperatio­nen auf Kommunen-Ebene für besonders zukunftstr­ächtig, wenn 2016 die französisc­he „Hyperregio­n“ALCA kommt, die Lothringen mit Elsass und Champagne-Ardenne verbindet. Bevor die Gebietsref­orm in Kraft tritt, wird Lothringen sich mit einer Deutschlan­dStrategie positionie­rt haben, ist sich Generalkon­sul Frédéric Joureau sicher und hält es für kein übergroßes Problem, wenn sich das Saarland künftig für einige Kooperatio­nsprojekte an Straßburg wenden muss.

Die Großregion sei zu groß, um handhabbar zu sein, hörte man an diesem Tag öfter. Wie bei Europa müsse man sich manchmal auf die Gründung besinnen, meinte auch Joureau zur SZ: „Und das war Saar-Lor-Lux.“

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