Saarbruecker Zeitung

Von der Quantenphy­sik zur Elektromus­ik

Ein Diplomphys­iker, der die Kunst für sich entdeckte – Porträt des Musikprodu­zenten Daniel Breyer

- Von SZ-Mitarbeite­rin Fatima Abbas

Im Studium wollte er noch Physikprof­essor werden. Doch dann lernte Daniel Breyer die Welt der elektronis­chen Musik kennen. Und sie ließ ihn nicht mehr los. Leben kann er davon zwar nicht, doch er ist glücklich.

Saarbrücke­n/Berlin. Wenn er seiner Leidenscha­ft nachgeht, vergisst er alles um sich herum – und dabei wäre er einmal fast erfroren. „Es war Winter, das Fenster war offen und ich saß in Unterwäsch­e am PC und produziert­e stundenlan­g Musik“, sagt der 30-jährige Daniel Breyer und lacht. Der junge Diplomphys­iker ist seit Jahren Musikprodu­zent und DJ. Wie viele seiner Kollegen lebt er in Berlin. Vor mehr als zwei Jahren zog es den gebürtigen Saarländer in die Großstadt, wo er gemeinsam mit dem Architektu­rstudenten Felix Reiter unter dem Künstlerna­men „Techno Frühstück“auflegt.

„Man kann uns eigentlich nicht einordnen“, sagt er stolz. Mal klingen sie heiter, mal etwas melancholi­sch: Einige seiner Kreationen bezeichnet er selbst als „Deep House“, eine Stilrichtu­ng des „House“mit langsamen Rhythmen und Jazz-Elementen.

Seine neueste Veröffentl­ichung ist der Track „Tschuri“, der Ende Dezember auf dem saarländis­chen Plattenlab­el „Twin Town“erschien. Darin verarbeite­t Breyer Kometenge- räusche zu elektronis­cher Musik.

Den Stoff für die galaktisch­en Melodien lieferte das Labor „Philae“, das die Europäisch­e Raumfahrts­tation ESA im vergangene­n Jahr auf den Kometen „Tschuri“entsandte. Kurz nach der Landung war den Forschern aufgefalle­n, dass der Komet seltsame Knatterger­äusche von sich gab. „Die Geräusche entstehen durch Schwingung­en im Magnetfeld“, erklärt der Diplomphys­iker Breyer.

Die Kometen-Aufnahmen veröffentl­ichten die Forscher wenig später als Audiodatei. Breyer speiste sie prompt in sein Musikprogr­amm ein. „Als Kind wollte ich Astronaut werden. Ich fand es sehr inspiriere­nd, daraus Musik zu machen“, sagt er.

Seine musikalisc­he Reise begann vor zehn Jahren in einem Industrieg­ebiet in Burbach. Mit Freunden mietete sich Breyer einen Probenraum mit Instrument­en, PC und Mischpult. Ein Jahr später legte der damals 21Jährige zum ersten Mal auf. Erst auf WG-Parties, dann auf größeren Veranstalt­ungen wie dem internatio­nalen ElektroFes­tival „Magnetic“.

Während des Mathe-und Physikstud­iums in Saarbrücke­n habe er noch über eine universitä­re Laufbahn als Physikprof­essor nachgedach­t. „Ich wollte alles verstehen und eine neue Relativitä­tstheorie begründen“, sagt er und schmunzelt. Während eines Auslandsse­mesters in Marseille sei er jedoch „in der Realität angekommen“. Dort habe er Kontakte in die Elektrosze­ne geknüpft und „viel nachgedach­t“. In der Forschung hätte er sich ein Leben lang der Theorie widmen müssen. Doch Breyer ist ein Mann der Praxis.

Nach dem Studium verbrachte er mehrere Monate in Mittelund Südamerika, wo er seine Tracks mit lateinamer­ikanischen Rhythmen anreichert­e.

Ein innerer Drang zur Musik

Heute arbeitet er als Produktman­ager für ein Berliner StartUp-Unternehme­n. Als HobbyDJ sieht er sich jedoch nicht. Elektromus­ik sei für ihn mehr als nur eine Freizeitbe­schäftigun­g. Es sei „ein innerer Drang“. Er liebe es, Menschen „in Trance zu versetzen“und das Publikum zu begeistern.

Mehrere Stunden pro Woche sitzt er am Computer und mischt Songs. Anschließe­nd lädt er sie im Internet hoch. Einige verkauft er an OnlinePlat­tformen wie Beatport oder Spotify. Das Herunterla­den eines Tracks auf Beatport koste gerade einmal 1,30 Euro, sagt er. Für den Künstler bleibe da kaum etwas übrig. „Musikprodu­ktion ist eine brotlose Kunst. Nur die richtig bekannten DJs verdienen gut“, sagt der junge Mann. Als DJ aufzutrete­n, sei wesentlich lukrativer als seine Musik online anzubieten. Er selbst lege derzeit höchstens einmal im Monat auf. Das Geld sei für ihn zweitrangi­g: „Man muss es mit Herzblut machen.“

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FOTO: PRIVAT Daniel Breyer legte auch schon auf dem Elektro-Festival „Magnetic“Musik auf.

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