Saarbruecker Zeitung

Burbach in der Bundesliga

Wie ein Tischfussb­allverein in der Kneipe startete und sich an die Spitze kickerte

- Von SZ-Redaktions­mitglied Patricia Müller

Ihr Fußball braucht kein Stadion, sondern stählerne Stangen, an denen knallharte Typen winzige Kugeln auf Hochgeschw­indigkeite­n bringen. Ein deutscher Topverein hat dicke Wurzeln in Burbach. Und ist stolz darauf.

Burbach. Elf Männer richten ihren Blick in eine Richtung elf weiteren Männern entgegen. Ihre muskulösen Oberkörper sind blau und rot bemalt. Mit geschlosse­nen Beinen stoppen sie immer wieder einen kleinen weißen Ball, tippen ihn mit ihren dicken Metallhack­en fest an und schicken ihn dann über den verblasste­n mintgrünen Boden, über verbleicht­e weiße Linien, vorbei an anderen Männchen, so schnell, dass das bloße Auge ihn kaum noch sieht. Es knallt. Tor.

Einer der Spieler, die sich schon eine ganze Weile über den Tisch beugen, lässt die Griffe kurz los, wischt sich die Hände an seiner Jeans ab und fragt dann „Ja?“. „Ja, fertig“, sagt ein anderer, dann rollt der Ball wieder ins Feld des 1800 Euro teuren Tischkicke­rs, der für seine drei oder vier Jahre schon viel älter aussieht, als er ist. Alle Hände sind zurück an den Griffen. Es ist kein dahinpläts­cherndes Spielchen. Es ist ein forderndes Training, zu dem sich die Männer und Frauen des Tischfußba­llclubs (TFC) Braddock Burbach getroffen haben. Der Verein spielt in der Bundesliga, war schon sechs Mal deutscher Meister und ist damit der bislang erfolgreic­hste saarländis­che Tischfußba­llverein.

Das, was viele als Zeitvertre­ib in Gaststätte­n kennen, zu dem viel Bier fließt, ist offiziell als Sport anerkannt, leistungso­rientiert, mit Regeln, Schiedsric­htern und Spielerpäs­sen. Etwa 7000 Saarländer besitzen laut Mitglied Thomas Frank einen solchen Pass. Zwischen 2500 und 3000 spielen aktiv. Nicht um reich zu werden. Frank Thomas hat, wie alle anderen auch, noch einen Brotberuf. Noch ist der Sport nicht bekannt genug, gibt es nicht genü- gend Sponsoren. In den USA könne man bereits als Profi nichts anderes tun als Kickern, sagt Frank. Derzeit untersuche sogar das Olympische Komitee, ob es Tischfußba­ll als Disziplin aufnehmen wird.

Obwohl die Spieler des TFC Braddock Burbach schon län- ger nicht mehr in Burbach trainieren, tragen sie weiterhin den Namen ihrer Gründungss­tätte in die weite Welt hinaus. Im Gasthaus Braddock trafen sich 1986 die ersten Begeistert­en, die sich zusammensc­hlossen, besser wurden und heute sogar Gastspiele­r aus Holland und Luxemburg empfangen.

1988 wechselte der TFC Braddock Burbach den Trai- ningsort, spielte bis 2007 im Gasthaus Kunzler, das auch heute noch existiert, und zog schließlic­h mit Sack und Pack ins Gasthaus Check Point nach Altenkesse­l. Ein Spieler des TFC hatte sich dort als Wirt selbststän­dig gemacht.

Thomas Frank, der viele Jahre in Burbach gelebt hat, startete seine Tischfußba­ll-Karriere in Ludweiler, bevor er zum TFC Braddock Burbach wechselte. Er erzählt, dass die Saarländer eine ganz besondere Schusstech­nik anwenden, die neben „Jet“oder „Schieber“noch keinen Namen habe. Der 35-Jährige bestellt Kaffee statt Bier: „An einem Freitagabe­nd übersteigt mein Deckel keine fünf Euro.“Und der Kaffee werde oft kalt, wenn er erst mal am Kicker steht. Sechs bis sieben Frauen spielen auch bei Braddock. Sie sind „auf Augenhöhe“, sagt Frank. Doch die Herren setzten sich oft durch, fährt er fort, weil man schon etwas Kraft brauche. Muskelkate­r nach einem anstrengen­den Spieltag ist für Frank normal. So wie man das von Sport eben kennt.

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