EU-Staaten werden Telefon- Gebühren wohl doch beibehalten
Brüssel stößt mit Plänen zur Abschaffung der Extragebühren auf Widerstand
Brüssel. Handynutzer hätten sich eigentlich schon zum Jahresende auf eine Abschaffung der ExtraGebühren für Telefonate, Surfen und SMS im EU-Ausland freuen können. Doch daraus wird wohl nichts: Erstens wird die Zeit knapp. Zweitens gibt es inzwischen unter den EU-Staaten einen Kompromissplan, die Gebühren auf niedrigem Niveau beizubehalten. Das geht aus einem Dokument des Rates hervor. Die EU-Länder müssen sich allerdings noch mit dem Europa-Parlament einig werden.
Brüssel. Der Traum, bald auch im Ausland zu heimischen Preisen telefonieren, Kurznachrichten versenden und im mobilen Internet surfen zu können, scheint gefährdet. Denn was EU-Kommission und Parlament bis Jahresende schon umsetzen wollen, stößt bei den Mitgliedstaaten offenbar auf Widerstand. Medienberichten zufolge haben sich die 28 EU-Länder in einem internen Papier statt der geplanten Abschaffung der Roaminggebühren auf ein nur geringes Freikontingent an Anrufminuten, SMS und Megabytes für das mobile Internet im europäischen Ausland geeinigt. Demnach sollen nach 50 Anrufminuten und 50 SMS sowie 100 Megabyte für das mobile Internet wieder die normalen Auslandsnetzkosten anfallen.
Jede aus dem EU-Ausland versendete SMS kostet aktuell sechs Cent, ein Anruf schlägt mit 19 Cent pro Minute (eingehende Telefonate fünf Cent pro Minute) zu Buche. Beim Surfen mit dem Handy muss der Nutzer pro verbrauchtes Megabyte 20 Cent bezahlen. „Eine Kontingentlösung ist wahrscheinlich“, sagte ein Brüsseler Diplomat unserer Zeitung.
Noch sind die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und den Mitgliedstaaten nicht abgeschlossen, die Positionen liegen aber weit auseinander. Während sich die EU-Abgeordneten einig sind, dass sie die Nutzungsgebühren für Netze im EU-Ausland abschaffen wollen, sei dies im Rat „nicht mehr Verhandlungsstand“, so der Diplomat. Dass Telefonieren und das Schreiben von Kurznachrichten im Ausland damit teurer würde, wie spekuliert wurde, wies er zurück: „Diese Berichte sind irreführend. Nach dem Verbrauch des Freikontingents werden die Roaminggebühren günstiger sein“als bisher. Zudem könne sich unter anderem Deutschland ein größeres Freikontingent vorstellen als derzeit vereinbart.
Die Nachricht traf im Parlament auf wenig Verständnis. „Was die Mitgliedsstaaten vorhaben, ist kein ausgehandelter Kompromiss“, stellte die CSUAbgeordnete Angelika Niebler klar. „Wir wollen ein roamingfreies Europa.“Darin seien sich alle Fraktionen einig. Einen Kompromissvorschlag hat die Volksvertretung bereits gemacht: Er sieht vor, eine Übergangszeit vom 15. Dezember dieses Jahres bis zum 15. Dezember 2016 mit Kontingenten einzurichten: 100 Anrufminuten, 100 Kurznachrichten sowie 200 Megabyte Datenvolumen sollen dem Verbraucher demnach zum Inlandstarif zu- stehen. Nach dem 15. Dezember 2016 sollen die Auslandsaufschläge fallen. Sozialdemokratin Constanze Krehl hält einen Kompromiss mit den Mitgliedstaaten bis zur Jahresmitte dennoch für möglich: „Aber dafür muss sich der Rat bewegen.“
Ein Wegfall der Roaminggebühren hätte unweigerlich eine Preiserhöhung für die Nutzer zur Folge, fürchten die Regierungen der EU-Mitglieder. Zudem sei er mit technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden: „Beim Roaming fallen Kosten an, die dann nicht mehr gedeckt wären“, gibt ein Botschafter zu bedenken. Krehl weist dies zurück. Wohl aber würde die Maßnahme die Gewinne der Netzanbieter merklich schmälern. Schon 2014 hat man sich deshalb auf einen späteren Start der Auslandstelefonie ohne Zusatzgebühren geeinigt. Mit dem geplanten digitalen Binnenmarkt wäre ein Erhalt der Roaminggebühren kaum vereinbar, fürchtet Niebler: „Ihre Abschaffung ist die Achillesferse der Digitalstrategie.“Für etwas anderes werde sich im EU-Parlament kaum eine Mehrheit finden, so die Abgeordnete. Am 2. Juni werden die Verhandlungen zwischen Parlament und den Mitgliedsstaaten wieder aufgenommen.