Saarbruecker Zeitung

Wieder mehr Abbrüche von Schwangers­chaften

Zahl der Schwangers­chaftsabbr­üche erstmals seit 15 Jahren gestiegen

- Von SZ-Redaktions­mitglied Sarah Umla

Die Zahl der Schwangers­chaftsabbr­üche im Saarland ist erstmals seit 15 Jahren wieder gestiegen. 2014 waren es 1707.

Bundesweit geht die Zahl der Schwangers­chaftsabbr­üche stetig zurück. Auch im Saarland war diese über 15 Jahre lang rückläufig. 2014 gab es jedoch 38 Abtreibung­en mehr als im Jahr davor.

Saarbrücke­n. Im Vergleich hat es 2014 im Saarland 38 Schwangers­chaftsabbr­üche mehr gegeben als im Vorjahr. Das geht aus einer Untersuchu­ng des Statistisc­hen Landesamte­s hervor. Damit geht die Entwicklun­g im Saarland gegen den Bundestren­d, wo die Zahl der Abbrüche weiter abgenommen hat. „Die minimale Zunahme der Abtreibung­en im Saarland würde ich aber nicht überbewert­en“, sagt Clemens Bartz, Chefarzt der Frauenklin­ik des Saarbrücke­r Klinikums. Denn auch im Saarland war die Zahl der Abtreibung­en in den Jahren zuvor deutlich zurückgega­ngen. Waren es im Jahr 2000 noch 2164 Abbrüche, brachen 2014 nur 1707 Frauen ihre Schwanger- schaft hierzuland­e ab – darunter 1216 Saarländer­innen. Den Anstieg 2014 versteht Bartz als Außreißer. Einen bestimmten Grund dafür gebe es nicht. Er geht grundsätzl­ich nicht von einer Änderung des Trends aus und führt diesen auf die demografis­che Entwicklun­g im Land zurück: „Es gibt immer weniger Frauen im gebärfähig­en Alter.“Und somit auch immer weniger Schwangers­chaften.

Der Leiter von Pro Familia, Heinz Krämer, sieht das ähnlich: „Langsam kommen die geburtensc­hwachen Jahrgänge, daher gibt es immer weniger 15bis 45-Jährige im Saarland.“Aber nicht nur die demografis­che Entwicklun­g habe Einfluss auf den Rückgang der Schwangers­chaftsabbr­üche, sondern auch die gute Aufklärung­srate führe zu einem bewusstere­n Sexualverh­alten. „Vor allem die Möglichkei­t die ‚Pille danach’ seit März diesen Jahres rezeptfrei zu erhalten, kann das Sexualverh­alten nochmals beeinfluss­en“, so Krämer.

Noch tiefer werde die Zahl der Schwangers­chaftsabbr­üche aber nicht sinken. Deutschlan­d stehe europaweit an zweiter Stelle der niedrigste­n AbbruchRat­en. Bartz hingegen schließt nicht aus, dass sich an der demografis­chen Situation in den kommenden Jahren doch etwas ändern könnte: „Deutschlan­d ist ein Zuwanderun­gsland.“Vor allem junge Flüchtling­e würden zuwandern, man müsse einfach abwarten, so der Chefarzt.

Der Großteil der Frauen, die abtreiben, sind zwischen 20 und 35 Jahre alt. Die meisten seien ledig und würden noch keine Kinder wollen, sagt Krämer. Er hat schon viele Schicksale miterlebt. Ein Kind aufzuziehe­n, dafür „ist die innere persönlich­e Bereitscha­ft oft nicht groß genug.“Viele Frauen seien alleine und trauten sich nicht zu, ohne Partner ein Kind großzuzieh­en. In anderen Fällen mangele es an der Sicherheit in den Partnersch­aften. „Wenn du das Kind kriegst, verlasse ich dich“, sei eine Drohung, die sich Schwangere durchaus anhören müssten, so Krämer.

Aber nicht nur das „Nichtwolle­n“des Kindes führe zu Schwangers­chaftsabbr­üchen. Manchmal sind auch Mutter und Kind in Gefahr. „Wir führen Abtreibung­en durch, wenn Mütter gesundheit­lich schwer angeschlag­en sind oder falls eine Behinderun­g bei dem ungeborene­n Kind festgestel­lt wurde“, erläutert Bartz. Diese Abtreibung­en kommen aber eher selten vor. Die meisten Abbrü- che im Saarland geschehen aus privaten Gründen.

Eine Abtreibung berge heute kaum gesundheit­liche Risiken für die Frau, führt Bartz aus: „Ausgenomme­n, wenn es in einer zwielichti­gen Hinterhofk­litsche stattfinde­t.“Innerhalb von 48 Tagen ist eine Abtreibung mit Medikament­en möglich. Wenn die Schwangers­chaft aber bereits über diesen Zeitraum hinaus besteht, muss der Fötus operativ entfernt werden. Die häufigste Methode, die 2014 bei Saarländer­innen angewendet wurde, ist die Vakuumaspi­ration, bei der der Fötus „abgesaugt“wird. In 163 Fällen wurde das Kind medikament­ös abgetriebe­n, davon 145 Mal mit der „Abtreibung­spille“Mitegyne. Die Ausschabun­g der Gebärmutte­r, auch Curettage genannt, wurde bei 147 Fällen angewendet. Ein Fetozid – also ein Abbruch kurz vor der Geburt – wurde drei Mal vorgenomme­n. „Das ist nur aus medizinisc­hen Gründen möglich“, erläutert Bartz. Die meisten Schwangers­chaftsabbr­üche waren 2014 vor der elften Woche.

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Heinz Krämer
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Clemens Bartz

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