Saarbruecker Zeitung

Liberale bestätigen Lindner als Parteichef

FDP glaubt nach jüngsten Wahlerfolg­en an Comeback – Parteichef Lindner mit Rekorderge­bnis im Amt bestätigt

- Von SZ-Korrespond­ent Werner Kolhoff

Christian Lindner hat der FDP neuen Mut eingehauch­t. Mit einem Rekorderge­bnis bestätigte­n die Liberalen ihn nun als Vorsitzend­en.

Auf ihrem Parteitag zeigt die FDP neues Selbstbewu­sstsein, wähnt sich nach den Erfolgen von Hamburg und Bremen auf gutem Weg, in der Republik wieder ein Machtfakto­r zu werden. Aber reicht das für die Wiederaufe­rstehung?

Berlin. Sprüche machen können sie schon wieder. „Angst fliegt nicht auf den Mond“, erscheint auf der Videoleinw­and über dem FDP-Parteitag. Und: „Ja aber – nein danke“. Der Hauptsloga­n lautet „German Mut“und ist eine Antwort auf die sprichwört­liche einstige „German Angst“vor Reformen. Der Vorsitzend­e Christian Lindner liebt solche Wortspiele. Er präsentier­t an diesem Freitag in Berlin stolz eine liberale Partei, die nach dem Desaster bei der Bundestags­wahl 2013 wieder an sich glaubt.

Zwei Frauen sind neben Lindner die absoluten Stars. Zum einen Lencke Steiner, die am Sonntag Spitzenkan­didatin in Bremen war und den Einzug in die Bürgerscha­ft geschafft hat. Vor allen Dingen aber Katja Suding, der das zuvor in Hamburg gelungen war. Sie ist der neue Liebling der Partei, wie man schon am Begrüßungs­beifall merkt. Lindner nennt sie die „Eisbrecher­in“der FDP, und tatsächlic­h ist mit Sudings Erfolg ein Stimmungsw­andel eingetrete­n. Die FDP ist wieder eine Gute-Laune-Partei geworden und kommt derzeit fast ohne die üblichen gegenseiti­gen Gehässigke­iten aus. Auch unter den 660 Delegierte­n herrscht eine positive Stimmung. Selbst die Sponsoren, allen voran die Energiekon­zerne und die Versicheru­ngsund Gesundheit­swirtschaf­t, sind mit Ständen wieder beim Parteitag vertreten. Von einer „neuen FDP“spricht der Bundesvors­itzende der Jungen Liberalen, Konstantin Kuhle.

Die 39jährige Suding hat aus ihrer neuen Rolle sofort abgeleitet, dass sie nun eine von drei stellvertr­etenden Vorsitzend­en werden will. Bei der Abstimmung am Freitagabe­nd setzt sie sich durch. Wolfgang Kubicki und Marie-Agnes Strack-Zimmermann werden im Amt bestätigt. Bei den Wahlen für den Vorstand, die am Samstag stattfinde­n, gibt es erhebliche­s Gedränge. 27 Bewerber kommen auf 18 Posten – auch das zeigt, dass die Mitarbeit in der Führung wieder attraktiv erscheint. Von den Alt- vorderen tritt niemand an. ExFraktion­schef Rainer Brüderle und die früheren FDP-Bundesmini­ster sind aber anwesend, äußern sich wohlwollen­d über die Entwicklun­g. Nur Philipp Rösler und Guido Westerwell­e fehlen, letzterer krankheits­bedingt.

Lindner, der mit einem Rekorderge­bnis von 92,5 Prozent im Amt bestätigt wird, ist sichtlich stolz auf seine Leistung, auch wenn er die Euphorie dämpft. Der eigentlich­e „Meilenstei­n für den Wiederaufs­tieg“werde der 13. März 2016 sein – das ist der Wahltag in RheinlandP­falz, Baden-Württember­g und Sachsen-Anhalt. Der Vorsitzend­e erinnert an den Parteitag 2013, unmittelba­r nach der desaströse­n Bundestags­wahl, als er das Ruder übernahm. Was sei der FDP nicht alles vorausgesa­gt worden. Doch sei sie weder tot, noch populistis­ch geworden. „In den dunkelsten Stunden unserer Geschichte haben wir die Liberalitä­t nie dem raschen Applaus geopfert.“

Der erst 36 Jahre alte Vorsitzend­e beanspruch­t für sich, die Partei auf Kurs gehalten zu haben. Ein Leitantrag soll dies dokumentie­ren. Er spricht sich für einen neuen Gründergei­st in Deutschlan­d aus, befürworte­t ein Einwanderu­ngsgesetz und nennt in der Steuerpoli­tik als Fernziel eine „Flat-Tax“, einen einheitlic­hen Steuersatz für alle. Heiß diskutiert wird ein interner Vorgang: Lindner schlägt vor, von den vergleichs­weise reichen Kreisverbä­nden bis 2017 jährlich eine Sonderumla­ge von 25 Euro je Mitglied zu erheben, vier Millionen Euro. Damit soll die Zent- rale in die Lage versetzt werden, die kommenden Landtagswa­hlkämpfe zu unterstütz­en – und auch mitzusteue­rn. Der umstritten­e Vorstoß bekommt glatt die erforderli­che Zwei-DrittelMeh­rheit. „Das ist das unübersehb­are Signal, dass wir alle der Stimme der Freiheit wieder Gewicht verleihen wollen“, jubelt Lindner. Ausgerechn­et mit einer Art Vermögensa­bgabe.

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FOTO: DPA Von „German Angst" keine Spur: FDP-Chef Lindner schwor vor einem Banner in den neuen Parteifarb­en die Liberalen auf eine kämpferisc­he Zukunft ein.

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