In zwei Sprachen zu Hause
Autohersteller Smart bietet binationale Ausbildung in Technikberufen an – SZ-Serie Teil 7
Bei Smart im lothringischen Hambach können Azubis den Praxisteil ihrer Lehre absolvieren. Die Berufsschule besuchen sie im Saarland. Am Ende können sie als Geselle in beiden Ländern arbeiten.
Hambach. In den Kindergarten ging er in Deutschland, die Grundschule besuchte er in Frankreich. Dann war Andreas Mourer Schüler am DeutschFranzösischen Gymnasium in Saarbrücken. Seit einem halben Jahr macht er eine Ausbildung im Bereich Instandhaltung beim Autohersteller Smart in Hambach. „Ich bin für die Wartung zuständig, dass die Produktion reibungslos läuft“, erzählt der 21-Jährige mit deutscher Mutter und französischem Vater. „Ich wollte schon immer in einem großen Betrieb im technischen Bereich arbeiten.“Von solchen Betrieben gibt es einige in der Grenzregion. Doch bei Smart wurde ihm eine binationale Ausbildung angeboten. Ihm war der Mehrwert sofort klar: „Damit kann ich später sowohl in Frankreich als auch in Deutschland arbeiten, je nachdem, wo die Jobchancen am besten sind.“
Doch nicht nur Mourer profitiert davon. Auch für den Betrieb ist der neue Azubi eine Bereicherung. „Viele unserer Lieferanten sind Deutsche, und alle Standards kommen von Daimler“, erklärt Jean-Marie Nominé, Leiter der Instandhaltung bei Smart. Um Datensätze zu lesen und Kunden- und Lieferantenkontakt zu pflegen, sind Sprachkenntnisse sehr wichtig. „Wir würden gerne noch mehr Azubis wie Andreas anstellen, aber in der jungen Generation spricht kaum noch einer Deutsch“, bedauert Nominé.
Jede dritte Woche besucht Andreas Mourer die Berufsschule in Sulzbach. Dort lernt er die theoretischen Grundlagen für den Mechatronikerberuf. Immer wieder fährt er auch zur Lehrwerkstatt des Tüv Nord nach Völklingen. Denn das französische Ausbildungssystem ist anders als das deutsche. Technische Handgriffe, die Bedienung mancher Geräte und der Werkzeugbau werden mehr in der Berufsschule und weniger im Betrieb geübt. „Wir haben keine Lehrwerkstatt. Wer hier beim Üben einen Fehler macht, kann im schlimmsten Fall die ganze Produktion lahmlegen“, erklärt Nominé. Um unter pädagogischer Anleitung schrauben, drehen, flexen oder fräsen zu lernen, besucht Andreas Mourer also den Tüv Nord. Dort kann er auch an einem Praxisprojekt für seine Gesellenprüfung arbeiten. Es ist umständlicher, „dafür lerne ich aber beide Systeme kennen. Ich bin flexibler und erhöhe dadurch auch meine Jobchancen“, ist Mourer überzeugt.
Er hat das Gefühl, jeden Tag ein bisschen mehr zu können. „Am Anfang musste ich viel zuschauen, wie die Kollegen an ein Problem herangehen.“Jetzt macht er viel allein: „Ich habe bereits nach einem halben Jahr viel Selbstvertrauen gewonnen.“Auch in der Nachtschicht wurde er schon eingesetzt. „Nachts ist es eine andere Art von Arbeit. Es geht nicht nur darum, Probleme zu beheben, sondern auch präventiv an den Anlagen zu arbeiten, damit tagsüber kein Problem auftaucht.“
Wenn alles weiter gut läuft, wird er in drei Jahren den Gesellenbrief in der Tasche haben. Ein genaues Gegenstück dafür gibt es in Frankreich nicht, beide Systeme sind eben unterschiedlich, auch in den Abschlüssen. Darüber macht sich Mourer aber keine Sorgen. Und auch sein Ausbilder ist zuversichtlich. „Wir würden ihn gerne übernehmen, aber sollte er anderswo in Frankreich Arbeit suchen, wird er schnell fündig. „Wer sieht, auf welcher Anlage er gearbeitet hat und welche Tätigkeiten er während der Ausbildung ausgeübt hat, wird ihn sofort nehmen“, so Nominé.