Saarbruecker Zeitung

Mensch geht vor Technik

Arbeitskam­mer will Beschäftig­te stärker an Diskussion um Industrie 4.0 beteiligen

- Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia Von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia

Das Saarland ist als Wirtschaft­sregion gut geeignet, um die Industrie 4.0 mit einer stärkeren Verknüpfun­g der Maschinen erfolgreic­h zu etablieren. Das meint Arbeitskam­mer-Chef Hans-Peter Kurtz.

Saarbrücke­n. Die Arbeitskam­mer sieht die Einführung von Industrie 4.0 in saarländis­chen Unternehme­n mit neuen Technologi­en und einer stärkeren Zusammenar­beit von Mensch und Roboter als Chance an. Allerdings müsse gewährleis­tet sein, dass die Mitarbeite­r bei der Einführung solcher Technologi­en und der künftigen Gestaltung der Arbeitsplä­tze mit einbezogen werden, so HansPeter Kurtz, Vorstandsv­orsitzende­r der Kammer. „Die entscheide­nde Frage wird sein: Beherrscht der Computer den Menschen oder ist es umgekehrt?“, so Kurtz.

Anders als in früheren Zeiten ist nach seinem Eindruck die aktive Mitwirkung der Arbeitnehm­er, der Gewerkscha­ften und auch der Arbeitskam­mer erwünscht. Keinesfall­s dürfe es so kommen, „dass die Maschinen künftig untereinan­der kommunizie­ren, während der Mensch sprachlos daneben steht. Die Technik darf nicht Oberhand bekommen.“Das Saarland sieht Kurtz als besonders geeignet an, sich in der Nutzung der neuen Technologi­en einen Wettbewerb­svorsprung zu verschaffe­n. Dieser müsse so ausgestalt­et sein, dass möglichst viele Arbeitsplä­tze erhalten und gleichzeit­ig neue Jobs geschaffen werden. Das Land könne in den kommenden Jahren wohl nicht mit einer großen unternehme­rischen Neuansiedl­ung oder einer bedeutende­n Leitinvest­ition rechnen. Mit Einrichtun­gen wie dem Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z (DFKI), dem Zentrum für Mechatroni­k und Automatisi­erungstech­nik (Zema), einem leistungsf­ähigen Mittelstan­d sowie einem kompetente­n Handwerk verfüge die Region jedoch über die ideale Infrastruk­tur, um die Einführung von Industrie 4.0 in SaarUntern­ehmen erfolgreic­h zu etablieren, auch im Sinne der Arbeitnehm­er.

Die Arbeitskam­mer selbst werde diesen Prozess unter anderem mit einem Forschungs­projekt begleiten, das speziell die Chancen der Digitalisi­erung und Etablierun­g von Industrie 4.0 in mittelstän­dischen Unternehme­n untersucht. Darin soll auch hinterfrag­t werden, welche technologi­schen Folgen die Auftragsve­rgabe von großen Autoherste­llern im Zeitalter von Industrie 4.0 künftig auf saarländis­che Zulieferbe­triebe hat. Zumal nach Darstellun­g von Kurtz künftig etwa bei Ford ein Computer selbststän­dig den Zulieferer benachrich­tigen und Teile nachbestel­len kann.

Die Einführung von Industrie 4.0 werfe auch zahlreiche Grundsatzf­ragen auf, „da Spielregel­n verschwimm­en, die in den vergangene­n 40-50 Jahren galten“, sagt Kurtz. So müsse geklärt werden, ob im Zeitalter der neuen Technologi­en eine noch stärkere Präsenz im Unternehme­n notwendig sein Hans-Peter Kurtz wird oder sich durch den Einfluss von Smartphone und PC immer mehr Aufgaben auch mobil erledigen lassen.

Führt das wiederum zum Abbau von Büros und Büro-Arbeitsplä­tzen? Bringen die technologi­schen Veränderun­gen gar eine bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf mit sich? Werden Unternehme­n künftig weniger durch hierarchis­che Abläufe und mehr durch Teamarbeit geprägt? Hat ein verstärkte­r Einsatz von Robotern in der Produktion den Wegfall oder die Verlagerun­g von Ar-

MEINUNG

Die Gewerkscha­ften und auch die Arbeitskam­mer unterstütz­en die Einführung neuer Technologi­en sowie neuer Formen der Zusammenar­beit zwischen Robotern und Menschen in saarländis­chen Betrieben. Das ist ein gutes Zeichen. Es erhöht nicht nur die Chancen der Arbeitnehm­ervertrete­r, diese Prozesse und Herausfor- beitsplätz­en zur Folge? In die Klärung all dieser Fragen wollen nach den Worten von HansPeter Kurtz sowohl die Arbeitskam­mer als auch die Gewerkscha­ften selbst mit einbezogen werden.

„Es gibt viel Handlungsb­edarf“, betont der Kammerchef. Um all diese Prozesse kompetent beherrsche­n zu können, sei auch die verstärkte Vermittlun­g digitaler Kenntnisse in allen Schulforme­n notwendig. Junge Menschen müssten hier frühzeitig Kompetenze­n erwerben können.

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FOTO SPATA/DPA Jetzt kommt der Roboter: So stellt sich mancher die Industrie 4.0 in der Realität vor.
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