Saarbruecker Zeitung

Im Bus mit Super Mario und Donkey Kong

- Von SZ-Redakteur Johannes Kloth

Noch bis Freitag steht vor der Saarbrücke­r Stadtbibli­othek ein Bus, in dem man einiges über die Geschichte der Videospiel­e erfahren kann. Der Bezug zu den Perspectiv­es ist zwar gering, der Unterhaltu­ngswert aber groß.

Saarbrücke­n. „Sie können über eine Berglandsc­haft fliegen, durch ein Dorf, oder eine Hotelsuite erkunden – was möchten Sie lieber?“fragt Florian Grosdidier, bevor er dem Besucher die Virtual-Reality-Brille in die Hand drückt. „Oculus Rift“heißt sie, soll erst Ende des Jahres auf den Markt kommen. Doch in Saarbrücke­n kann man sie jetzt schon mal testen: in der „Navette Voyager“, einem umgebauten Stadtbus des Metzer Kunst- und Kreativwir­tschafts-Zentrums TCRM-Blida, der noch bis zum 29. Mai auf dem Platz vor der Saarbrücke­r Stadtbibli­othek Station macht.

In seinem Innern kann man auf Zeitreise gehen durch die Geschichte der Videospiel­e von den Anfängen bis heute. Ein ungewöhnli­ches Angebot des Festivals, das, wie sich beim Auftakt am Pfingstwoc­henende zeigte, besonders Kinder und Jugendlich­e magisch anzieht. Während die Eltern noch zögern, sind sie schon drin und stürzen sich auf die restaurier­ten Spielhalle­nautomaten, um Oldtimer aus den 80ern wie Donkey Kong, Super Mario oder Pac-Man auszuprobi­eren. Spielerisc­h können sie erfahren, dass auch Videospiel­e eine historisch­e Entwicklun­g hinter sich haben. Die Virtual-Reality-Brille und ein sprechende­r Roboter, dem man Anweisunge­n geben kann, zeigen, wohin die Reise in Zukunft, nach dem TouchScree­n, führt. Die Navette Voyageur, die durch die ganze Großregion touren wird, ist ein durchaus interessan­tes Projekt. Nur eins lässt es vermissen: den Brückensch­lag zum Einsatz der digitalen Technologi­en bei der Bühnenkuns­t und damit einen echten Bezug zu den Perspectiv­es. sbu

Informatio­nen unter: www.festival-perspectiv­es.de a liegt sie, die geladene Knarre. Ober-Rüpel Musa ist sie während des Unterricht­s (falls man den alltäglich­en Wahnsinn in diesem Problemsch­ul-Klassenzim­mer so nennen möchte) aus der Tasche gefallen. Nach einer Sekunde des Schreckens ergreift Lehrerin Sonia Kelich ihre Chance. Sie reißt die Waffe an

Dsich – und hält damit den Schlüssel zur lange ersehnten Autorität in der Hand. Wer könnte in dem Moment nicht mit ihr mitfühlen? Mit der zierlichen Frau (Sesede Terziyan), die, von Bildungsid­ealismus angetriebe­n, einer Horde Halbstarke­r nahe zu bringen versucht, warum Schillers Idee der Selbstbest­immung für sie wichtig sein könnte.

Was die Pädagogin erdulden muss, wird uns am Sonntag gleich zu Beginn des Perspectiv­es- Gast- spiels von Nurkan Erpulats und Jens Hilljes Stück „Verrücktes Blut“in der Feuerwache vorgeführt: Da bauen sich die Jugendlich­en mit den Namen Mariam, Latifa, Musa, Hakim, Ferit, Hasan und Bastian wie vor dem Publikum auf und bieten – in schöner Überspitzu­ng – ein kleines Medley ihres Verhaltens­repertoire­s: Rotzen, Herumpöbel­n, ins Handy schreien, im Schritt kratzen. Die Stimmung ändert sich erst, als Kelich beginnt, mit vorgehalte­ner Waffe („Ihr haltet jetzt die Fresse!“) den Unterricht fortzusetz­en: mit Schillers „Die Räuber“und „Kabale und Liebe“.

2010 trat das Stück vom Berliner Ballhaus Naunynstra­ße einen Siegeszug an, sackte etliche Preise ein. Mit Recht, denn das Spiel mit Klischees in dieser von einem achtköpfig­en Ensemble temporeich gespielten Amok-Komödie ist phasenweis­e schreiend komisch und doch voller Tiefgang.

Kelich beginnt mit Logopädie: „Wer soll glauben, dass Ihr keine Affen seid, wenn Ihr nicht mal das schöne deutsche Wort Vernunft ausspreche­n könnt?“. Doch die Schüler sollen nicht nur „Vernunft“und „Ich“statt „Isch“sagen können, sondern nicht weniger als sich selbst erkennen. Erst zitternd, die Reclamheft­chen in die Hände gekrallt, dann immer selbstbewu­sster, beginnen sie, in

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FOTO: THOMAS AURIN Rabiate Pädagogik in „Verrücktes Blut“.

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