Saarbruecker Zeitung

Leg’ dich nicht mit dem König an

Niederländ­ischer Demonstran­t ruft „Fuck de koning“und muss nun Prozess befürchten

- Von dpa-Mitarbeite­rin Annette Birschel

1887: „Der König ist ein Gorilla“, ruft der Niederländ­er Alexander Cohen. Strafe: sechs Monate Gefängnis. Heute: „Fuck de koning“, ruft ein Demonstran­t in Amsterdam. Über seine Strafe wird erregt diskutiert.

Amsterdam. Niederländ­er sind nicht gerade für sprachlich­es Feingefühl bekannt. Richtig „lekker“finden sie Fluchen und Schimpfen. Beliebte Ausdrücke sind „Godverdomm­e“(Gottverdam­mt), das Wort „Fuck“, aber auch die Namen von tödlichen Krankheite­n und Geschlecht­steilen werden verwendet. Doch wehe, es geht ums Königshaus – dann ist Schluss mit lustig. Einem Demonstran­ten droht nun sogar ein Prozess, weil er „Fuck de koning“gerufen hat.

Ende 2014 bekräftigt­e Abulkasim Al-Jaberi seinen Protest gegen den vermeintli­ch rassistisc­hen Nikolaus mit dem Aus-

König Willem-Alexander hält sich aus der öffentlich­en Debatte lieber raus.

ruf: „Fuck de koning, fuck de koningin, fuck het koningshui­s.“Sofort wurde er festgenomm­en. Weil er sich weigerte, die Geldbuße von 500 Euro zu zahlen, kam jetzt die Vorladung. Nach Artikel 111 des Strafgeset­zbuches aus dem 19. Jahrhunder­t wird Beleidigun­g des Königs mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe bis zu 20 000 Euro bestraft.

Ein Sturm der Entrüstung brach los. Unbekannte sprayten aus Wut sogar dreimal das F-Wort auf die Palastmaue­rn in Amsterdam. Juristen, Politiker und Kolumniste­n riefen „Schande“und verwiesen auf die Meinungsfr­eiheit. „Steht der König etwa höher als Jesus?“, fragte die Zeitung „De Volkskrant“. Denn das Verbot der Gottesläst­erung wurde 2014 abgeschaff­t. Parteien fordern nun das Gleiche für die Majestätsb­eleidigung.

Die Staatsanwa­ltschaft ruderte zwar zurück und erwägt, das Verfahren gegen den Demonstran­ten einzustell­en. Doch die Fuck-Affäre ist kein Einzelfall. Im Gegenteil, Strafen sind seit einigen Jahren die Regel. Seit 2000 wurden mindestens 20 Personen wegen Beleidigun­g des Staatsober­hauptes verfolgt. Darunter auch ein Mann, der 2010 ein Teelicht gegen die Goldene Kutsche der Oranjes warf. Urteil: fünf Monate Gefängnis.

So streng wie in Thailand, wo erst kürzlich ein Geschäftsm­ann zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er auf Facebook König Bhumibol beleidigt hat- te, sind die Niederländ­er aber nicht. Sie sind aber deutlich restriktiv­er als andere europäisch­e Monarchien. Das Großherzog­tum Luxemburg schaffte 2002 das Delikt der Majestätsb­eleidigung ab. Wie jeder Bürger kann auch Großherzog Henri Anzeige wegen Verleumdun­g oder übler Nachrede erstatten. Er tat es bisher nicht. In Dänemark gibt es einen entspreche­nden Paragrafen, doch wird so gut wie nie jemand angeklagt. In Belgien ist Beleidigun­g des Königs zwar strafbar. Aber faktisch muss sich König Filip regelmäßig Spott gefallen lassen. Das gilt auch für Großbritan­nien und Spanien.

Die meisten Niederländ­er halten die Strafen nicht für zeitgemäß. Und König WillemAlex­ander? Er hält sich raus. Es sei gut, dass das Parlament darüber debattiere, sagte er jetzt. Er werde jedes Ergebnis akzeptiere­n. Vor dem Thronwechs­el vor zwei Jahren hatte er noch gesagt: „Protestier­en muss immer möglich sein.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany