Vom Großverdiener zum Kronzeugen
Der US-Amerikaner Blazer ist die Schlüsselfigur der Ermittlungen gegen die Fifa
Die WM 2006 tauchte bislang in keinen Ermittlungsakten auf. Daher sind alle Vermutungen Spekulation. Im Raum steht eine Aussage von Blatter aus dem Jahr 2012, als er, von deutscher Kritik gekränkt, sagte: „Gekaufte WM. Da erinnere ich mich an die WM-Vergabe für 2006, wo im letzten Moment jemand den Raum verließ.“Er spielte auf die ungewöhnliche Wahlenthaltung des Neuseeländers Charles Dempsey an, die die Vergabe an Deutschland erst möglich machte. Der DFB wies alle Vorwürfe empört zurück. Fragen wirft nach wie vor eine Serie von Testländerspielen 2004 in Japan, Südkorea und Thailand auf. Kritiker sehen in ihr eine Gefälligkeit für den WM-Zuschlag. dpa
Chuck Blazer lässt die FußballWelt erzittern. Der inzwischen schwerkranke Amerikaner wurde in seiner Zeit als Funktionär zu einem reichen Mann.
Washington. Er liebte das Leben, die Frauen und gutes Essen, er liebte das Rampenlicht. Auf einem Blog, der seine Reisen um die Welt dokumentiert, ist Charles „Chuck“Blazer (70) neben Nelson Mandela im Privatjet zu sehen, neben Franz Beckenbauer, neben Hillary Clinton. Im Trump Tower an der noblen Fifth Avenue in Manhattan leistete er sich für 18 000 Dollar Monatsmiete ein Appartement im 49. Stock. Ein zweites – unbewohnt – soll seinen Katzen als Domizil gedient haben. Wobei sich Blazer, der heute schwerkrank in einer Kli- nik liegt, nicht nur die New Yorker Bleibe von Concacaf bezahlen ließ, dem Fußballbund für Nord- und Mittelamerika und die Karibik, sondern auch eine Ferienwohnung auf den Bahamas, eine zweite in Miami Beach, und einen Hummer, den wuchtigsten aller Geländewagen. Sein Sohn Jason diente dem Verband als medizinischer Direktor, 2011, in seinem letzten Jahr auf dem Posten, mit 110 961 Dollar entlohnt.
Das alles ging gut, bis der Lebemann im Herbst 2011, auf einem Motorroller auf der Fifth Avenue unterwegs, von zwei Beamten gestoppt wurde – einem Polizisten des FBI und einem Fahnder der Steuerbehörde IRS. Er habe die Wahl gehabt: entweder Handschellen oder Kooperation, berichtet die „New York Daily News“über das Rendezvous. So wurde der Großverdiener zum Kronzeu- gen, zur Schlüsselfigur der Ermittlungen gegen die Fifa.
Blazer hat nie selber Fußball gespielt, dafür saß er gern in Gremien, und er verstand sich darauf, Kontakte zu knüpfen. Bei der WM in Mexiko lernte er 1986 Jack Warner kennen, einen Lehrer aus Trinidad und Tobago. Vier Jahre darauf kandidierte Warner fürs Amt des Concacaf-Präsidenten. Blazer, der die Wahlkampagne geleitet hatte, wurde mit dem Posten des Generalsekretärs belohnt. Mit Warner schloss er einen Vertrag, der seiner Agentur Sportvertising zehn Prozent aller Einnahmen aus Sponsoring und TV-Rechten sicherte. 1990 waren das symbolische Summen, was sich in dem Maße änderte, wie das Duo an der Spitze die Concacaf zu einem lukrativen Unternehmen ausbaute. 22 Millionen Dollar soll allein Blazer eingestrichen haben.