Was erlauben AKK?
Ansichten zur Homo-Ehe: Das Toleranzgebot gilt beidseitig
Auch kleine Sätze können große Wirkung entfalten. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, dreifache Mutter, katholisch und liberal, lehnt die völlige Gleichstellung der Homo-Ehe mit der klassischen Ehe ab. Das gilt heutzutage als nicht mehr sehr modern, aber es ist legitim. Weil die CDU-Präsidin als mögliche Folge einer rechtlichen Gleichstellung auch „andere Forderungen“befürchtet, „etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“, fegt nun ein Sturm der Entrüstung über sie hinweg. Dieser Shitstorm sagt einiges aus über Meinungsfreiheit – und über die Toleranz jener, die diese sonst gern einfordern.
Was erlauben AKK? Der Vorwurf lautet, Kramp-Karrenbauer habe Homo-Ehe, Inzest und Polygamie gleichgesetzt. Mal davon abgesehen, dass polygames Verhalten fast überall auf der Welt Realität ist: Die Benennung einer theoretischen Folgewirkung ist kein Vergleich. Der Vorwurf wird aber trotzdem erhoben, weil er eine ganz andere Kraft entwickelt als bloße Kritik. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich prominente sozialdemokratische Frauen ( Yasmin Fahimi, Charlotte Britz) an die Spitze der Protestbewegung setzen – ungeachtet der Tatsache, dass die SPD-Basis strukturkonservativ ist und den raschen gesellschaftlichen Wandel eher skeptisch beäugt als frohen Herzens begrüßt.
GLOSSE
Die Befürworter der Homo-Ehe wollen die Thermik des Zeitgeistes nutzen, ihre Anliegen durchzubringen. Das ist ihr gutes Recht. Gleichwohl sei daran erinnert, dass die Ächtung der Schwulen und Lesben vor nicht allzu langer Zeit noch gesellschaftlicher Konsens und politisch abgesegnet war. Erst das rot-grüne Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 hat den Wandel forciert, und das war auch gut so. Schlecht ist es aber, Kritikern der Homo-Ehe das Recht abzusprechen, das Tempo der Veränderung anders sehen zu dürfen als die Avantgarde.
Das Spannende an der (notwendigen) Debatte ist übrigens nicht der Sturm der Entrüstung, der mit seinen geistigen Flatulenzen so typisch geworden ist für das „Abkotzen“im Netz. Sondern die Tatsache, dass die politische und kulturelle Elite, die das Institut der Ehe stets als überholt und uncool betrachtet hat, diese Ehe für alle nun vehement einfordert. Dahinter steckt, neben dem legitimen Anspruch auf rechtliche Gleichbehandlung, auch die Sehnsucht der Homosexuellen, endlich als „normal“anerkannt zu werden. Also auch spießig sein zu dürfen wie die Nachbarn von nebenan. Ja, es geht um die gesellschaftliche Realität. Diese besagt aber auch, dass es noch viele Menschen gibt wie Annegret KrampKarrenbauer, die die traditionelle Ehe von Mann und Frau als „Keimzelle der Gesellschaft“bewahren wollen.