Tot, aber nicht blöd: Isabella Archans bizarrer Kriminalroman
Die ehemalige Saarbrücker Staatstheater-Schauspielerin Isabella Archan hat einen Krimi geschrieben. Heute Abend stellt die Österreicherin ihn in Saarbrücken vor. Wir haben „Helene geht Baden“vorab gelesen.
Moni liegt ermordet im Park am Lindenthaler Weiher in Köln. Die Tote räsoniert über ihr Ableben, kommentiert das Mordgeschehen von oben. Räumt ein, dass sie zwar tot, aber nicht blöd sei. Versucht, mit Hilfe ihrer Gedanken einen Zweig des Baumes zu bewegen, auf dem sie sitzt. Man muss es mögen, das Abgleiten ins Fantastische, Übernatürliche. „Vieles ist anders, seit sie ihren Körper verlassen hat.“Vieles ist hier anders, in der Tat. Allerdings auch für den passionierten Krimileser.
Die Grazer Inspektorin Willa Stark, zur Unterstützung ihrer deutschen Kollegen ins Rheinland gekommen, steht vor einem Rätsel. Ein Schelm, der hinter dem Nachnamen Zufall vermuten würde, genauso wie bei Oberstaatsanwalt Theo Prunk. Sollte die Zeichnung der Figuren nicht stark genug ausgefallen sein, wird der dankbare Leser einfach anhand der Namensgebung mit der Nase auf die eine oder andere Charaktereigenschaft gestoßen.
Der Täter der jungen Frau hat keine Energie darauf verwendet, Spuren zu beseitigen. Fast könnte man meinen, dass er geschnappt werden will. Sowohl am Tatort in Nippes wie auch in Lindenthal, wo Monis Leiche gefunden wurde, gibt es jede Menge Fingerabdrücke, Haare und Hautschuppen. Und die sind identisch mit denjenigen, die Wochen später an einem anderen Tatort gefunden werden. Ebenfalls in Lindenthal wird die alleinlebende Helene Pintao in ihrem Apartment nach dem Vorbild der Leiche vom Lindenthaler See bestialisch zugerichtet. Ein Rentner, der in seiner Einsamkeit zum Spanner wurde, hat der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben, weil er Helene durch ein Fernglas beobachtet und ihr so das Leben gerettet hat. Das Ritual und der Fluchtpunkt des täglichen Badens sollte für Helene zum Verhängnis werden, denn in ihrem Bedürfnis nach einem Badezimmer mit Wanne wendet sie sich an ein Maklerbüro, das ihre Traumwohnung zur Vermietung anbietet.
Doch zwischen dem Verbrechen und der Gewissheit des Zusammenhangs liegen für Willa und Helene Wochen der Angst und fruchtloser Ermittlungen. Helene müht sich, ihr Trauma zu überwinden, indem sie wieder anfängt, jeden Tag ein Bad zu nehmen, Willa eine Liste mit Männern übergibt, die als Täter in Frage kommen, und versucht, ihren Körper zu verlassen und das Geschehen von außen zu beobachten, über Köln zu fliegen, sich in eine Spinne zu verwandeln, wie es ihr in ihrer Todesangst in der Nacht des Verbrechens gelungen war. Wenig nachvollziehbar spitzt sich der Plot zu, als Helene, die ihren Peiniger in einem Café wiedererkannt hat, diesen zu Hause besucht. So richtig springt der Funke nicht über, eine Empathie für die Protagonisten will sich kaum einstellen, als Leser bleibt man trotz der Brutalität seltsam unberührt. Vielleicht liegt es daran, dass den mitunter nur grob skizzierten Figuren der Feinschliff fehlt. Zudem liefert der Wechsel der Erzählperspektive meist keine neuen Informationen. Er stört den Lesefluss mehr, als dass er neue Aspekte zu Tage fördert. chh
Isabella Archan. Helene geht baden. Conte. 311 S., 13,90 Euro.
Heute Abend, 20 Uhr, findet im Hotel Domicil Leidinger in Saarbrücken (Mainzerstr. 10) eine szenische Lesung mit der Autorin statt. Der Eintritt ist frei.