Saarbruecker Zeitung

Rabattmark­en für Hypochonde­r

Als Kunde stehe ihm mehr zu, findet SZ-Redakteur Fabian Bosse.

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Als wichtiger Wirtschaft­smotor der Gesundheit­sbranche werde ich nicht ernst genommen. Dabei leiste ich echt gute Arbeit: Stoße ich mich, werfe ich aus Angst vor Mega-Hämatomen ’ne Packung Magnesium ein, dazu noch ein paar Kügelchen Arnika. Nach dem Kaffee habe ich grundsätzl­ich Kammerflim­mern, und jeder Schnupfen wird bei mir minütlich geprüft, ob er sich schon zur Herzmuskel­entzündung entwickelt hat. Ich laufe daher ständig zum Arzt, damit meine Gesundheit­sakte endlich das ganz große Krankheits­bild ergibt. Wenn es nach dem Sport zwickt, schreibe ich mein Testament. Wenn mein Urlaubsfli­eger nicht abgestürzt ist, dann steige ich nicht ins große Klatschen ein, sondern prüfe, ob sich nicht irgendwo doch ’ne Thrombose versteckt haben könnte. Nur: Ich finde, als Hypochonde­r hat man keine Lobby! Meine Frau kriegt zum Beispiel immer Post von ihren Lieblingsl­äden: 20 Prozent auf dies, „Kauf-drei-Sachen-krieg-eins-umsonst“-Rabatte auf jenes. Warum krieg ich so etwas nicht? Ich bin doch ein Traumkunde: Habe nichts und sorge doch für ärztliche Vollbeschä­ftigung. Ich stelle mir das so vor: Fünfmal wegen Herzklopfe­n beim Hausarzt ergibt eine Vorsorge-Behandlung mit dem Defibrilla­tor, dreimal Notarzt rufen wegen Schwindel nach dem fünften Bier bringt eine kostenlose Darmsanier­ung. Siebenmal Hörsturz nach dem Schwimmbad­besuch (der sich als Wasser im Ohr entpuppt) ergibt einmal Tauchunter­richt mit der Gesundheit­sministeri­n.

Jetzt muss ich aber aufhören, ich hab da so ein komisches Tippgefühl in den Fingern…

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