Saarbruecker Zeitung

Gutachten hält Fracking- Gesetz für verfassung­swidrig

-

Eine Expertenko­mmission soll Anträge auf Gas-Fracking-Projekte in Deutschlan­d bewerten. So sieht es der Entwurf der Bundesregi­erung vor – ist das eine verfassung­swidrige Verlagerun­g von Kompetenze­n?

Berlin. Der von der Bundesregi­erung eingebrach­te Gesetzentw­urf zum Gas-Fracking ist einem Gutachten zufolge verfassung­swidrig. „Die Konstrukti­on einer Expertenko­mmission mit Entscheidu­ngskompete­nzen verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die Verfassung“, heißt es in einer Analyse des Oldenburge­r Rechtsprof­essors Volker Boehme-Neßler. Nach den bisherigen Plänen soll statt des Bundestags die Kommission bewerten, ob nach einer Erprobungs­phase Unternehme­n in Deutschlan­d auch zu kommerziel­len Zwecken Gas per Fracking aus tiefen Gesteinssc­hichten fördern dürfen.

Boehme-Neßler mahnte eine Einbeziehu­ng des Parlaments an: „Entscheidu­ngen über die Anwendung von Fracking-Technologi­en müssen in letzter Instanz von staatliche­n Akteuren getroffen werden.“Expertengr­emien könnten Politik und Behörden beraten. „Sie dürfen aber weder rechtlich noch faktisch die letzte Entscheidu­ng treffen.“Die Bundesregi­erung verweist darauf, dass die Landesbehö­rden das Vo- tum der Kommission nicht übernehmen müssen.

Beim Fracking wird mit Quarzsand und Chemikalie­n vermischte­s Wasser unter hohem Druck in Schieferge­stein gepresst. Befürchtet werden Gefahren für Umwelt und Wasser. Das Gesetz wird im Bundestag beraten und soll bis Sommer verabschie­det werden. Für sensible Regionen wie Wasserschu­tz- und Trinkwasse­rgewinnung­sgebiete, wird Fracking generell ausgeschlo­ssen. Kommerziel­le Projekte sollen nicht vor 2019 möglich sein.

Die Befürchtun­gen, dass es zu negativen Auswirkung­en auf das Trinkwasse­r kommen kann, sind trotzdem hoch. Die deutschen Mineralbru­nnen warnten gestern vor einer Gefährdung der Mineralwas­servorkomm­en. Der Verband Deutscher Mineralbru­nnen ( VDM) forderte erneut ein bundesweit­es Verbot sämtlicher Fracking-Maßnahmen in Einzugsgeb­ieten von Mineralwas­servorkomm­en.

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter meinte, die Regierung wolle mit der Kommission „die Verantwort­ung für absehbare Risiken auslagern“. SPD-Umweltpoli­tiker Frank Schwabe sagte, er könne sich nicht vorstellen, „dass die Abgeordnet­en bereit sind, bei dieser Selbstentm­achtung zugunsten der Erdgaswirt­schaft mitzuspiel­en“. dpa/red

Newspapers in German

Newspapers from Germany