Zschäpes Verteidiger müssen weitermachen
NSU-Prozess: Pflichtverteidiger scheiterten mit Antrag auf Entpflichtung
Die Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten im NSUProzess, Beate Zschäpe, müssen die mutmaßliche Rechtsterroristin gegen ihren Willen weiter vertreten.
Beate Zschäpe will ihre Verteidiger loswerden, die Verteidiger wollen Beate Zschäpe loswerden. Doch das Gericht spielt nicht mit. Zschäpe und ihre Anwälte müssen zusammen weitermachen. Der Prozess dürfte damit noch schwieriger werden.
München. Der NSU-Prozess gerät durch den Streit Beate Zschäpes mit ihren drei ursprünglichen Verteidigern immer stärker ins Stocken. Kurz nach der Berufung eines von Zschäpe geforderten vierten Pflichtverteidigers scheiterten die alten Verteidiger gestern mit ihrem Antrag, sofort von ihren Aufgaben entbunden zu werden. Die Auseinandersetzung über den Antrag zeigte eine tiefe Zerrissenheit zwischen Zschäpe und dem Verteidiger-Trio.
Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl wies den Antrag auf Entpflichtung der seit Prozessbeginn im Mai 2013 an Zschäpes Seite sitzenden Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm zurück. Götzl sagte, es fehle die Begründung für das angeblich zerrüttete Verhältnis zu ihrer Mandantin. Der Antrag sei zu pauschal. Außerdem verwies der Richter auf erst in den vergangenen Wochen von den Verteidigern geäußerte Angaben, wonach die Kommunikation mit Zschäpe in Ordnung sei.
Die Verteidiger hatten ihre Entpflichtung völlig überraschend beantragt. Zschäpes neuer Pflichtverteidiger Mathias Grasel erklärte, seine Mandantin widerspreche dem Antrag nicht. Heer, Stahl und Sturm begründeten die fehlende Benennung detaillierter Gründe für ihren Antrag damit, dass sie diese aus rechtlichen Gründen nicht angeben dürften. Allerdings sagte Richter Götzl, dass es durchaus möglich gewesen wäre, Grundzüge zu dem angeblich zerrütteten Vertrauensverhältnis zu benennen. Die drei Anwälte hätten aber „nicht einmal in Umrissen“Gründe benannt. Götzl nannte in seiner Erwiderung auf den Antrag auch Details aus nichtöffentlichen Gesprächen mit den Verteidigern. Brisant sind dabei vor allem Äußerungen zur Aussagebreitschaft Zschäpes, die in dem Verfahren bisher konsequent schweigt. Die Verteidiger bestritten in diesen vertraulichen Gesprächen demnach Angaben Zschäpes, sie hätten sie an einer Aussage gehin- dert. „Wenn sie hätte aussagen wollen, hätte sie das gekonnt“, sagten die Verteidiger nach Götzls Darstellung.
Der neue Pflichtverteidiger Grasel sagte nach Rücksprache mit Zschäpe, diese habe nichts von den Gesprächen mit dem Gericht gewusst. Es führe „naturgemäß zu Befremden“bei Zschäpe, dass über ihre angebliche Aussagebereitschaft ge- sprochen worden sei. Nach der Darstellung des Richters hatten sich Heer, Stahl und Sturm außerdem kritisch zur Berufung eines vierten Verteidigers geäußert. Demnach fürchteten sie, dass das Binnenverhältnis der Verteidigung geschwächt werde – zu dritt hätten sie Zschäpe „auch Grenzen aufgezeigt“. Der NSU-Prozess soll heute fortgesetzt werden.