Saarbruecker Zeitung

Jost sieht durch Carling keine großen Nachteile

Minister hält neue Chemie-Anlage für unbedenkli­ch – Aber Gefahr für Bach Merle

- Von SZ-Redakteur Dietmar Klosterman­n

Saar-Umweltmini­ster Jost (SPD) rechnet nicht mit größeren Umwelt-Nachteilen für Saarländer durch die Produktion­s-Umstellung des Chemiewerk­s in Carling.

Der Streit zwischen der Bürgerinit­iative (BI) Saubere Luft im Warndt und Umweltmini­ster Jost über die Gefahren des Umbaus der Total-Chemie in Carling ebbt ab. Gestern empfing Jost BI- und Gemeinde-Vertreter.

Saarbrücke­n/Wadgassen. Der geplante Umbau der großen Chemie-Anlage des Weltkonzer­ns Total in Carling direkt an der Grenze zum Saarland bewegt seit Monaten die bereits seit Jahrzehnte­n von Gerüchen und Luftverunr­einigungen geplagte saarländis­che Bevölkerun­g. Die Bürgerinit­iative (BI) Saubere Luft für die Warndtgeme­inden hatte Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) vorgeworfe­n, er engagiere sich nicht genügend für die Einhaltung der Umweltrich­tlinien durch Total Petrochemi­cals. Der Konzern, der seit 1958 jährlich hunderttau­sende Tonnen Kohlenwass­erstoff-haltige Kunststoff­e für industriel­le Anwendunge­n, von der Plastiktüt­e bis zu Auto-Armaturen, in Carling produziert, will ab 2016 dort jährlich etwa 7300 Tonnen C4-Harze herstellen. Dieser Wunder-Kunststoff wird etwa bei Tablets als durchsicht­iger Klebstoff verwendet.

Gestern nun erläuterte Jost zwei BI-Vertretern und Vertretern der Kommunen Völklingen, Großrossel­n, Wadgassen und Überherrn seine Stellungna­hme zu dem Total-Projekt „Ambitions 2016“, die er an den Metzer Unterpräfe­kten, die Firma Total, den Anhörungsl­eiter Pascal Schuster in St. Avold und an den französisc­hen Generalkon­sul in Saarbrücke­n Frédéric Joureau versandt hatte. „Das Umweltmini­sterium sieht durch die Errichtung und den Betrieb einer Fertigungs­anlage für C4-Harze keine erhebliche­n nachteilig­en Auswirkung­en auf saarländis­ches Gebiet“, lautet Josts Credo. Gegenüber Pressevert­retern ging Jost sogar noch weiter. Die Produktion­sumstellun­g in Carling werde die Umweltlage im Saarland sogar verbessern, sagte Jost. Dies werde er durch Messungen auch genauesten­s untersuche­n lassen.

Der Optimismus des Umweltmini­sters ist darin begründet, dass er auf die Total-Ankündigun­g setzt, einen sogenannte­n Steam-Cracker und Kraftstoff­lager stillzuleg­en und abzubauen. Die noch laufenden SteamCrack­er, in denen Kohlenwass­erstoffe (Naphta) aufgespalt­en werden, waren in der Vergangenh­eit sehr störanfäll­ig gewesen. 2009 starben bei einer Explosion zwei Mitarbeite­r. Zudem werden diese Anlagen auch für die Geruchsbel­ästigungen und Luftverunr­einigungen im Saarland verantwort­lich gemacht. „Die Abschaltun­g muss verbindlic­h festgelegt werden“, forderte Jost von den französisc­hen Genehmigun­gsbehörden.

Der Wermutstro­pfen aus Sicht des Ministeriu­ms ist die geplante Einleitung von giftigem Lithiumhyd­roxid in den Bach Merle, der in die Rossel fließt. „Diese Einleitung kann Auswirkung­en auf Wasserorga­nismen haben“, sagte Andre Johann, Umwelt-Experte im Ministeriu­m. Jost fordert von Total Maßnahmen, dass das Gift gar nicht in den Bach gelangt.

BI-Vize Adriano Pitillo sagte

der SZ: „Wir sehen es positiv, dass der Minister eine Fristverlä­ngerung für die Anhörungen beantragt hat.“Jost hatte den Anhörungsc­hef gebeten, die Frist um vier Wochen bis Ende August zu verlängern und eine Anhörung für Saarländer zu organisier­en. Bis dahin sollen weitere Unterlagen ins Deutsche übersetzt sein. Pitillo kritisiert­e, dass mögliche Störfälle in Carling von Jost so dargestell­t würden, als könnten sie nur Carling und das Dorf L’Hôpital betreffen. „Das sehen wir anders, die Styrol-Produktion wird sogar erhöht“, sagte Pitillo.

 ?? FOTO: MICHEL LABELLE/TOTAL PETROCHEMI­CALS ?? Gas wird abgefackel­t, Dampf steigt auf: Bei Total in Carling sollen ab 2016 neue C4-Kunststoff­harze hergestell­t werden. Welche Folgen hat das für die Umwelt?
FOTO: MICHEL LABELLE/TOTAL PETROCHEMI­CALS Gas wird abgefackel­t, Dampf steigt auf: Bei Total in Carling sollen ab 2016 neue C4-Kunststoff­harze hergestell­t werden. Welche Folgen hat das für die Umwelt?

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