Saarbruecker Zeitung

Ein Exot auf der Saar

Norbert Klippel ist der einzige Wasserflug­zeuglehrer der Region – Fünf Piloten bildet er pro Jahr aus

- Von SZ-Mitarbeite­r Jürgen Schelling

Norbert Klippel bildet seit zehn Jahren Wasserflug-Piloten auf Saar und Mosel aus. Das Starten und Landen auf den vergleichs­weise schmalen Flüssen ist alles andere als einfach – und für Zuschauer ein großes Vergnügen.

Schoden. Das kleine Flugzeug ist gerade zur Freude der Zuschauer mitten auf der Saar gewassert. So nennt man das, wenn ein Wasserflug­zeug im nassen Element landet. Im nostalgisc­hen Cockpit der Piper PA-18 Super Cub aus den 50er Jahren herrscht gute Stimmung. Fluglehrer Norbert Klippel ist zufrieden, sein Flugschüle­r hat alles richtig gemacht.

Anders als beim Start von einem Flughafen ist hier auf dem für Wasserflug freigegebe­nen Abschnitt der Saar nördlich von Saarburg bei Schoden kein Funkkontak­t mit einem Tower notwendig. Der Flug geschieht in völliger Eigenveran­twortung des Piloten. Er entscheide­t, in welche Richtung er startet und ob Wellengang, Seitenwind oder Schiffsver­kehr so sind, dass er gefahrlos abheben kann.

Allerdings muss er dabei besonders vorsichtig sein: Auf diesem Abschnitt der Saar und der ebenfalls teilweise für Wasserflug freigegebe­nen Mosel tummeln sich Frachtkähn­e ebenso wie Ausflugssc­hiffe und Sportboote. Deshalb ist eigens ein UKW-Funkgerät für den Schiffsver­kehr in der Piper eingebaut. Damit informiert Klippel alle Kapitäne, wo in den nächsten Minuten mit dem

Norbert Klippel mit seiner Piper PA-18 Super Cub aus den 50er Jahren.

Flugzeug muss.

Der 150 PS starke Vierzylind­er der Piper brummt beruhigend. Obwohl der Motor nur mit Leerlauf-Drehzahl läuft, zieht er das Wasserflug­zeug dennoch nach vorn. Deshalb werden manchmal auch Kreise auf der Saar gedreht, denn einfach bremsen wie an Land funktionie­rt auf dem Wasser nicht. Ausflugssc­hiffe kreuzen den Weg, und im Wasser hat die Piper einen gefühlten Wendekreis wie ein Öltanker.

gerechnet werden

Norbert Klippel ist direkt an der Mosel in Lieser bei Bernkastel-Kues geboren und seit Jahrzehnte­n Lehrer in der eigenen Fahr- und Flugschule „Drive and Fly“am Flugplatz Trier-Föhren. Er strahlt die nötige Ruhe und Gelassenhe­it aus, die einen guten Fluglehrer ausmacht. Das Wasserflie­gen ist seine ganz besondere Passion. Gelernt hat es der 63-Jährige in den frühen 80er Jahren in Kanada, wo er auch einige Zeit als Lehrer für Wasserflug arbeitete. Seit 2005 bietet er die Wasser- flugausbil­dung auf der Mosel an, später auch auf der Saar. Jedes Jahr kommen fünf bis sechs Privat- oder Berufspilo­ten aus ganz Europa zu ihm, um eine Wasserflug­ausbildung zu absolviere­n. Die kostet etwa 2400 Euro. Etwa 30 weitere Piloten absolviere­n zudem ihren alle zwei Jahre notwendige­n Checkflug zum Erhalt ihrer Wasserflug-Berechtigu­ng.

Die Vorstellun­g, fast überall landen zu können, macht einen großen Teil der Wasserflug-Faszinatio­n für Piloten aus, die sonst an Flugplätze gebunden sind – der ultimative Fliegertra­um, auch wenn das hierzuland­e nur an ganz wenigen Stellen möglich ist. Anders als auf der offenen See, wo fast immer genau gegen den Wind gelandet werden kann, ist das auf Saar und Mosel wegen des schmalen Wasserlauf­s nicht möglich. Ist der Seitenwind zu stark, wird ohnehin nicht geflogen. Flieger-Routinier Klippel setzt auf hohe Sicherheit­sstandards.

Um eine Wasserflug­berechtigu­ng zu erlangen, muss der Flugschüle­r bereits im Besitz einer Privat- oder Berufspilo­tenlizenz für Motorflugz­euge sein und ein gewisses Maß an Flugerfahr­ung vorweisen. Während Wasserflug hierzuland­e noch eine eher exotische Art der Fortbewegu­ng verkörpert, ist es in Skandinavi­en, Kanada oder auf den Malediven oft die einzige Möglichkei­t, um überhaupt von A nach B zu kommen.

Klippel hat durch einen vertrauens­vollen Kontakt zu den örtlichen Behörden mittlerwei­le rund ein Dutzend Wasserfläc­hen auf Saar und Mosel zur Ausbildung genehmigt bekommen. Er verteilt die Starts und Landungen mit Schülern auf unterschie­dliche Bereiche auf den Flüssen, damit sich Anwohner nicht gestört fühlen. Die Verantwort­lichen in den Gemeinden empfinden das Wasserflug­zeug ohnehin nicht als Störenfrie­d, sondern als zusätzlich­e Touristena­ttraktion. Schließlic­h sind Saar und Mosel die einzigen Flüsse in Europa, wo Zuschauer am Ufer ein Wasserflug­zeug in Aktion erleben können.

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FOTO: SCHELLING

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