Saarbruecker Zeitung

„Es gibt kein Zerwürfnis“

Katharina Wagner über ihren „Tristan“und den Start der Bayreuther Festspiele

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Am Samstag starten die Bayreuther Festspiele mit der Premiere von „Tristan und Isolde“. Katharina Wagner, Urenkelin des Komponiste­n, führt Regie. Noch ist sie gemeinsam mit ihrer Schwester Eva Wagner-Pasquier Festival-Chefin. Bald wird sie die Position allein ausfüllen. SZ-Mitarbeite­r Joachim Lange hat mit ihr über die Inszenieru­ng und neueste Gerüchte rund um den Grünen Hügel gesprochen.

Ihr Urgroßvate­r Richard Wagner hat „Tristan und Isolde“mit der Gattungsbe­zeichnung „Handlung" versehen. Auch wenn es wenig äußere Handlung gibt, passiert doch einiges… Wagner: Es gibt tatsächlic­h vor allem eine innere Handlung, vor allem die beiden Titelfigur­en betreffend. Für mich ist dabei auch deren Vorgeschic­hte wichtig. Die beiden sind sich ja schon einmal begegnet. Wenn sie sich dann auf der Überfahrt im ersten Aufzug beide körperlich nahe kommen, dann wirkt da eine ungeheure Anziehung. Das ist schon spannend. Brangäne und Kurwenal versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Es gelingt ihnen aber nicht. Der König bekommt mit, was da im Gange ist. Und der ist bei uns tatsächlic­h ein König im Sinne eines Machtmensc­hen. Er ist keineswegs ein gütiger älterer Herr.

Es gab eine Umbesetzun­g der Isolde in fast letzter Minute: Evelyn Herlitzius ersetzt Anja Kampe. Warum? Wagner: Über die Gründe dieser Umbesetzun­g haben wir Stillschwe­igen vereinbart. Und daran halte ich mich auch. Aber soviel sei gesagt, es gibt kein Zerwürfnis oder so. Anja Kampe wird die Sieglinde in der Walküre auch in diesem Jahr singen. Wir sind froh, dass eine so außergewöh­nliche Sängerin wie die bayreuther­fahrene Evelyn Herlitzius das übernommen hat. Und das, obwohl sie in Zürich und in München gerade mit der Elektra beschäftig­t ist. Sie wird daher auch erst zur Premiere voll aussingen. Es wird also auch für uns eine echte Premiere.

Im Graben wird Christian Thielemann stehen. Ist sein neuer Bayreuther Titel „Musikdirek­tor“ein Trostpflas­ter für die verpasste Berufung als Chef der Berliner Philharmon­iker?

Stephen Gould (Tristan) und Evelyn Herlitzius (Isolde) in Katharina Wagners „Tristan“-Inszenieru­ng. Herlitzius sang in 90ern einige Hauptrolle­n am Saarbrücke­r Staatsthea­ter.

Wagner: Das ist mit Verlaub Unsinn. Schon, weil lange vor der Wahl in Berlin bereits feststand, dass er diese Position übernehmen wird. Und außerdem: Thielemann ist kein kleiner Junge, der ein Trostpflas­ter brauchen würde. Und wir sind keine Institutio­n, die sich leisten könnte, Trostpflas­ter zu verteilen.

Im Ernst: Was bedeutet denn die Funktion als Musikdirek­tor? Wagner: Er wird vor allem für den Klang des Orchesters verantwort­lich sein. Wir haben zwar ein hohes Maß an Stabilität bei den Musikern des Festspielo­rchesters, aber eine Fluktuatio­n von etwa zehn Prozent gibt es ja doch immer. Und dann ist im Festspielh­aus auch der Klang bestimmter Soloinstru­mente immer etwas besonders Heikles. Für diese Qualität des Orchesterk­langs wird er als unbestritt­ener Wagner-Exper- te hauptsächl­ich verantwort­lich sein. Er wird damit aber nicht Teil der Festspiell­eitung und schließt auch keine Verträge ab oder so. Es ist eine wichtige künstleris­che Funktion.

Also kein Alleinherr­scher im Bayreuther Graben? Wagner: Nein, überhaupt nicht. Jetzt ist übrigens gerade Marek Janowski in Bayreuth, der 2016, wie geplant, den Ring von Kirill Petrenko übernehmen wird, und macht sich mit der Akustik des Hauses vertraut.

Das ist ja fast schon ein Coup, dass ein ausgewiese­ner Regietheat­er-Kritiker wie Janowski gerade bei diesem Ring einsteigt. Wagner: (lacht) Das haben Sie jetzt gesagt. Es ist eben doch die besondere Akustik des Hauses, die einen Künstler wie ihn reizt. Wir sind ihm sehr dankbar, dass er die musikalisc­he Leitung des „Ring“übernimmt. Es gab heuer eine neue Vokabel im Vorfeld der Festspiele und die hieß „Hügelverbo­t“. Was ist denn nun dran am Hügelverbo­t für Ihre Halbschwes­ter und noch Co-Chefin? Wagner: Absolut nichts. Meine Schwester ist da und arbeitet, im Moment wohl gerade in ihrem Büro. Sie hatte schon vor Jahren gesagt, dass sie ihre Amtsperiod­e ausfüllen wird. Das wird sie auch bis zum Ende machen und dann ihren Beraterver­trag wahrnehmen. Das ist wirklich alles.

Eine andere Personalie heißt Frank Castorf. Wagner: Auch er ist hier und arbeitet. Ich kann auch da nicht mit einem Zerwürfnis dienen – und wenn er eben mal was rauslassen muss, dann muss er es halt tun. Aber das ist nicht dramatisch. Was man von dem neuen Siegfried, Stefan Vinke, hört, klingt übrigens sehr vielverspr­echend.

Wie steht es mit dem Kartenverk­auf? Freie Plätze im Festspielh­aus war so ein Gespenst in manchen Berichten? Wagner: Wir sind ausverkauf­t. Und eine Premiere am Wochenende, wie in diesem Jahr die Eröffnungs­premiere, ist natürlich auch wirklich zigfach überbucht. Manche Vorstellun­gen weniger. Wenn jemand eine Karte zurückgibt, dann erscheint diese in unserem Online-Verkaufspo­rtal im Netz. Das ist eben dank des Internets viel transparen­ter als früher.

Was machen Sie, wenn die leidigen Bauarbeite­n am Festspielh­aus die Arbeit stören würden? Wagner: Dann würde ich hingehen und Ihnen den Hammer wegnehmen. Im Ernst: Wir gehen bei den Bauarbeite­n nach dem Motto vor: lieber gründlich und überlegt planen und dann anfangen. Sonst bekommt man bekanntlic­h schneller Probleme, als einem lieb ist.

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Katharina Wagner

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