Tour-Sieger vor Schweizer Gericht
Jan Ullrich droht lange Bewährungsstrafe wegen Unfall unter Alkoholeinfluss
Ein Autounfall mit 1,4 Promille: In der Schweiz kann man dafür leicht hinter Gitter kommen. Doch ExRadprofi Jan Ullrich hat tiefe Reue bekundet. Der Knast bleibt ihm so wohl erspart – wenngleich nur ganz knapp.
Weinfelden. Der einstige Radsport-Star Jan Ullrich muss sich heute vor einem Gericht in seiner Wahlheimat Schweiz für einen Autounfall unter Alkoholeinfluss verantworten. Viele Monate hat sich die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau Zeit genommen, um zu prüfen, wie schwer das Vergehen des heute 41-jährigen Rostockers wiegt. Wie es jetzt aussieht, wird ihm das Gefängnis erspart bleiben – wenn auch nur knapp.
Die Staatsanwaltschaft strebt nach eigenem Bekunden keine unbedingte Haftstrafe an. Sie will vor dem Bezirksgericht Weinfelden, rund 15 Kilometer südlich des Bodensees, zwar 18 Monate Gefängnis fordern. Doch die sollen für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Außerdem soll Ullrich 10 000 Franken (9600 Euro) Geldbuße zahlen.
Der erste und bislang einzige
Jan Ullrich steht wegen einer Alkohol-Fahrt mit Folgen vor Gericht.
deutsche Sieger der Tour de France (im Jahr 1997) hat bereits signalisiert, dass er eine Bewährungsstrafe akzeptieren würde. Nach dem Unfall im Mai vergangenen Jahres hatte der Ex-Profi, der heute als Berater im Radsportbereich tätig ist, ein „unverzeihliches“Verhalten eingeräumt und Besserung gelobt. Mit einem Urteil des Bezirksgerichts wird noch heute gerechnet.
Laut Anklage hatte sich Ullrich am 19. Mai 2014 zwei Mal angetrunken ans Steuer gesetzt. „Am 19. Mai 2014, kurz nach 20 Uhr, fuhr Jan Ullrich mit überhöhter Geschwindigkeit und – zum zwei- ten Mal an diesem Tag – unter Alkoholeinfluss stehend von Happerswil in Richtung Illighausen“, hielt die Staatsanwaltschaft fest. „Bei der Kreuzung K103/K105 in Mattwil/TG kollidierte er zuerst mit dem Heck eines bei der Kreuzung stehenden Fahrzeuges und danach frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug.“
Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Nach Angaben einer Boulevard-Zeitung errechneten Gutachter, dass Ullrich 139 Kilometer pro Stunde drauf hatte. Auf einer 80er-Straße. Bei 60 Kilometern pro Stunde über dem Limit wäre in der Schweiz wegen „Rasens“in Kombination mit Alkohol eine Gefängnisstrafe kaum vermeidbar. Womöglich schrammt Ullrich daran also um nur einen Kilometer pro Stunde vorbei.
Die Blutalkoholmessung ergab laut Polizei 1,4 Promille. Als „fahrunfähig“gilt in der Schweiz jeder ab 0,5 Promille aufwärts. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn daraufhin wegen „vorsätzlicher grober Verletzung der Verkehrsregeln und mehrfachem vorsätzlichen Fahren in qualifiziert fahrunfähigem Zustand“an. dpa