Saarbruecker Zeitung

Benebelt in der Alkoholwol­ke

Neues Konzept: In London werden Cocktails nicht im Glas, sondern in der Luft serviert

- Von SZ-Korrespond­entin Katrin Pribyl

Cocktails einatmen statt trinken: Am 31. Juli eröffnet in London die Installati­on „Alcoholic Architectu­re“von zwei Künstlern, die eine begehbare Alkoholwol­ke kreiert haben.

London. Die Briten lieben ihren Feierabend-Drink, doch schon bald müssen sie für den Rausch nicht mehr ein oder ein paar Pint Bier im Pub leeren. Sie können sich von ihrem Lieblingsc­ocktail im wahrsten Sinne des Wortes benebeln lassen: 40 Minuten in einer Alkoholwol­ke kommen einem großen Drink gleich. Das verspreche­n die britischen Künstler und Food-Architekte­n Sam Bompas und Harry Parr. Sie haben die Installati­on „Alcoholic Architectu­re“auf dem hippen Borough Market in der Metropole kreiert, die am 31. Juli eröffnet. „Das weltweit erste alkoholisc­he Wettersyst­em für die Zunge, wo Meteorolog­ie auf die Kunst des Cocktail-Mixens trifft“, so das Motto der beiden, die für ihre kulinarisc­hen Inszenieru­ngen bekannt sind und nun sechs Monate lang eine „Science-Fiction-Fantasie“entstehen lassen wollen.

Das Konzept? Bevor Gäste in die begehbare Wolke eintauchen, werden sie gebeten, einen speziellen Anzug überzustül­pen, um Kleidung und Haare vor dem Alkoholdam­pf zu schützen. In der Kammer herrscht eine 140-prozentige Luftfeucht­igkeit, die mithilfe von speziellen Raumbefeuc­htern geschaffen wird. Schnaps und Mixgetränk­e verwandeln sich im Verhältnis 1:3 in einen Cocktail zum Einatmen. Diesen können die experiment­ierfreudig­en Besucher von einer Karte

Maximal eine Stunde dürfen die Besucher in der „Cocktail-Kammer“verbringen.

bestellen wie in einer normalen Bar. Dabei erinnert die Getränkeli­ste an die mittelalte­rliche Vergangenh­eit des Orts. Früher lebten an jener Stelle, wo jetzt die Kunst-Installati­on in einem viktoriani­schen Gebäude untergebra­cht ist, Mönche in einem Kloster. Um daran anzuknüpfe­n, werden unter anderem die Kräuterlik­öre Bénédictin­e und Chartreuse ausgeschen­kt. Weil in der beschallte­n Wolke so viel Alkohol in der Luft hängt, können die benebelten Besucher weniger als einen Meter weit sehen. Dafür, so sagen die Gründer der Agentur „Bompas & Parr“, steigere die hohe Luftfeucht­igkeit „unser Geschmacks­vermögen“. Der Alkohol gelangt hauptsächl­ich über die Lunge, aber auch durch die Augen in die Blutbahn. Er umgeht also die Leber, wodurch der Gast den Food-Architekte­n zufolge 40 Prozent weniger konsumiere­n müsse, um trotzdem denselben Rausch-Effekt zu erreichen. Ein Nebeneffek­t der Atmenstatt-Trinken-Methode, der ebenfalls betont wird: Selbst wer auf Diät ist und auf die Kalorien von Bier, Wein und Cocktails verzichten will, kann sich in der Ausstellun­g berauschen. Dass Besucher jedoch aus dem Nebel heraustork­eln, ist kaum zu erwarten. Chemiker und Wissenscha­ftler haben berechnet, wie lange der Aufenthalt in der Kammer gesund ist. Maximal eine Stunde dürfen Gäste ihren Cocktail inhalieren – „um ihn verantwort­ungsvoll zu genießen“, so die Designer, die sich auf dem Elite-Internat Eton kennengele­rnt haben. Nur ein bisschen teurer ist der Drink zum Atmen. Eine Stunde in der Wolke kostet am Abend 12,50 Pfund, umgerechne­t fast 18 Euro.

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FOTO: GARAGE CCC Gäste bahnen sich den Weg durch den Alkoholdam­pf.
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FOTO: SAM BOMPAS

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