Saarbruecker Zeitung

Das Phänomen Donald Trump

Lästermaul mit Milliarden-Imperium und legendärer Haartolle: Wie der republikan­ische Präsidents­chaftsbewe­rber den US-Wahlkampf aufmischt

- Von dpa-Mitarbeite­r Johannes Schmitt-Tegge

Vor rassistisc­her Hetze und Beleidigun­gen macht er nicht halt: Donald Trump, Milliardär mit der berühmtest­en Haartolle der USA, liebt es, gehasst zu werden – und setzt sich an die Spitze des Bewerberfe­ldes im US-Wahlkampf.

New York. Aus Sicht eines Wahlkampfs­trategen ist der Mann eigentlich ein Desaster. Rassistisc­he Hetze gegen Mexikaner, Verballhor­nung des einstigen Vietnam-Kriegsgefa­ngenen John McCain, arrogante Bemerkunge­n über seine angehäufte­n Milliarden: Rund anderthalb Jahre vor den US-Wahlen scheint sich der republikan­ische Präsidents­chaftsbewe­rber Donald Trump mit seinen äußerst fragwürdig­en Kommentare­n eigentlich längst ins politische Jenseits befördert zu haben. Eigentlich.

„Don Voyage! Trump ist nach Beleidigun­g erledigt“, verab- schiedete ihn die „New York Post“, nachdem der 69-Jährige den angesehene­n Senator McCain und dessen Gefangensc­haft im Vietnamkri­eg mit spitzer Zunge aufs Korn genommen hatte. Die Trump-Kampagne habe einen „Wendepunkt“erreicht, schrieb die „New York Times“, und kündigte den politische­n Untergang des ehrgeizige­n Unternehme­rs an. Amerika verschwend­e seine Zeit damit, trotz der mehr als einem Dutzend Kandidaten im Lager der Republikan­er über einen „Rodeo-Clown“zu diskutiere­n, sagte der konservati­ve Kommentato­r Charles Krauthamme­r dem Sender „Fox News“.

Doch Trump vorzeitig abzuschrei­ben, ist gefährlich. Hatte der direkt mit zwei Ex-Präsidente­n verwandte Jeb Bush das Feld der „Grand Old Party“wochenlang angeführt, hat Trump im anlaufende­n Wahlkampf nun die Spitze übernommen – zumindest vorerst. Laut der jüngsten Umfrage von „Washington Post“und ABC bringt er es mittlerwei­le auf 24 Prozent Unterstütz­ung und liegt damit noch vor Bush und Wisconsins Gouverneur Scott Walker an erster Stelle. „Hört auf, Donald Trump auszulache­n“, schrieb William Fry vom Brookings-Institut kürzlich.

Dabei bietet der Playboy mit dem losen Mundwerk reichlich Stoff für Sticheleie­n. Allein seine Haarpracht – die mittlerwei­le wohl berühmtest­e Tolle Amerikas – sorgt in Late-Night-Shows regelmäßig für Spott. Homer aus der TV-Serie „Simpsons“verliert sich in einer der jüngsten Folgen in den Haaren des New Yorkers und findet darin ein ganzes Parallel-Universum. Das Internet ist voll von sogenannte­n Memes zur weißblonde­n Föhnwelle und Vergleiche­n zu stark behaarten Raupen, Meerschwei­nchen und der Frisur des außerirdis­chen TV-Urviechs Alf. Das Magazin „Time“veröffentl­ichte gar eine Anleitung zur authentisc­hen TrumpFrisu­r in vier einfachen Schrit- ten. Bei all der Häme wird schnell übersehen, dass Trump mit seiner reißerisch­en und konfrontat­iven Art mittlerwei­le die Agenda des anlaufende­n Wahlkampfs kontrollie­rt. Wie ein Troll im Internet sät er Zwietracht mit der Absicht, emotionale Antworten seiner Gegner herauszuki­tzeln. Credo: Negative Schlagzeil­en sind besser als gar keine. Kommentato­ren in TV, Radio und Zeitungen zerreißen sich seit Tagen den Mund über das Enfant terrible mit dem Milliarden-Imperium. Knapp die Hälfte der Berichters­tattung über republikan­ische Kandidaten ging im vergangene­n Monat auf das Konto Trumps, rechnet Nate Silver vom Politik-Blog „FiveThirty­Eight“vor.

„Ihn mit Zensur und Scham anzugreife­n, ist wie der Versuch, Godzilla mit Elektrizit­ät zu zerstören: Es könnte ihn noch stärker machen“, schreibt die „Washington Post“. Dass Texas’ ExGouverne­ur Rick Perry von ei- nem neuen Tiefpunkt in der USPolitik spricht, dass Senator Lindsey Graham den Mann als „Trottel“bezeichnet und dass immer mehr Politiker seinen sofortigen Ausstieg aus dem Rennen ums Weiße Haus fordern, scheint dem Milliardär nur noch in die Karten zu spielen. Trump gibt weiter den ausgebufft­en Possenreiß­er – und zieht die Amerikaner mit immer neuen skandalöse­n Statements aus dem Abseits des Washington­er Establishm­ents schrittwei­se auf seine Seite.

Derzeit ruft Donald Trump noch von den billigen Plätzen dazwischen, meint die „Washington Post“– denn ein politische­s Amt bekleidete der berühmte Geschäftsm­ann noch nie. „Aber stellen Sie sich vor“, schreibt das Blatt weiter, „wenn er erst in den Ring steigt.“

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FOTO: OLSON/AFP US-Milliardär Donald Trump spricht vor republikan­ischen Anhängern in Iowa.

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