Saarbruecker Zeitung

Abspaltung von Spanien spaltet die Katalanen

Wahl im September soll Entscheidu­ng über Unabhängig­keit bringen

- Von SZ-Mitarbeite­r Ralph Schulze

Madrid. Die Reise Katalonien­s Richtung Unabhängig­keit könnte wesentlich schneller verlaufen als bisher bekannt: Eine neue, aber starke Parteienal­lianz für die Abspaltung hat angekündig­t, dass spätestens im Jahr 2017 der Abschied von Spanien vollzogen werden soll. Bei einem Sieg in der katalanisc­hen Regionalwa­hl am 27. September werde man in einer Frist von „maximal 18 Monaten“einen eigenen Staat gründen. Die kommende Wahl soll nach dem Willen des katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Artur Mas eine Abstimmung darüber sein, „ob die Katalanen einen unabhängig­en Staat wollen oder nicht“. Seit Montag genießt diese Bewegung auch in Deutschlan­d Aufmerksam­keit. Denn mit Bayern-Trainer Pep Guardiola wirbt nun der europaweit wohl bekanntest­e lebende Katalane für die Abspaltung. Seine Kandidatur auf dem letzten Platz der Wahlliste für die Unabhängig­keit ist aber nur symbolisch.

„Gemeinsam für das Ja“heißt das Bündnis – und sein Antreten ist mehr als symbolisch. Es wird von Katalonien­s Regierungs­partei CDC sowie ihrem parlamenta­rischen Partner ERC angeführt. Es sind momentan die beiden stärksten Gruppierun­gen im katalanisc­hen Parlament. Der Unabhängig­keitspakt wird zudem von zwei großen Bürgerinit­iativen gestützt, die im In- und Ausland für ein „freies Katalonien“trommeln.

Der Ausgang dieser Schicksals­wahl scheint bisher freilich völlig offen. Denn den Umfragen zufolge ist die wirtschaft­sstarke Region, in der siebeneinh­alb Millionen Menschen leben, in Sachen Unabhängig­keit ziemlich gespalten. Lange Zeit konnten sich die Separatist­en zwar wachsender Beliebthei­t erfreuen und steuerten sogar auf eine Mehrheit zu. Doch zuletzt scheinen sie an Fahrt verloren zu haben.

Zumal auch in Katalonien die in ganz Spanien aufsteigen­den Proteststr­ömungen, die linksalter­native Bewegung Podemos ( Wir können) und die liberale Partei Ciudadanos (Bürger), die politische Landschaft durcheinan­derwirbeln. Podemos ist zwar dafür, dass die Katalanen über ihre künftige Staatsform abstimmen dürfen, würde aber bevorzugen, dass die Region bei Spanien bleibt. Ciudadanos lehnt derweil klar eine Abspaltung des Nordostens der Halbinsel ab.

Die Katalanen pflegen ihre eigene Sprache und Kultur, sie wurden unter der Franco-Diktatur (1939-1975) unterdrück­t, viele Menschen fühlen sich auch heute noch vom spanischen Zentralsta­at drangsalie­rt. Wirtschaft­lich wäre die Loslösung für Spanien ein großer Verlust: Katalonien zieht mit der Urlaubsküs­te Costa Brava und seiner Metropole Barcelona mehr Touristen an als jede andere spanische Region – auch Mallorca kann da nicht mithalten. Die Region erwirtscha­ftet rund 20 Prozent des spanischen Bruttoinla­ndsprodukt­s.

Spaniens konservati­ver Regierungs­chef Mariano Rajoy kündigte harten Widerstand gegen jegliche Unabhängig­keitspläne an. Spaniens Verfassung erlaube keine einseitige Abspaltung. Bereits im Herbst hatte Rajoy ein Unabhängig­keitsrefer­endum in Katalonien gerichtlic­h verbieten lassen, weswegen die katalanisc­he Regierung die Regionalwa­hl auf den 27. September vorzog und zu einer Abstimmung über die Zukunft erklärte. Diese Regionalwa­hl kann Rajoys Zentralreg­ierung nun nicht verhindern. Aber gegen eine einseitige Abspaltung­serklärung wird Madrid wieder die Richter mobilisier­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany