Saarbruecker Zeitung

Scharfe Kritik an Bayerns Asylkurs

Seehofer plant rigorose Maßnahmen – Maas fordert schnelle Einglieder­ung von Flüchtling­en

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„Rigorose Maßnahmen“gegen die Zuwanderun­g aus Südosteuro­pa hat CSU-Chef Seehofer angekündig­t. Er spricht von massenhaft­em „Asylmissbr­auch“. In der Koalition gärt es. SPD-Vize Stegner spricht von „rhetorisch­er Brandstift­ung“vor.

Berlin. Die Beschlüsse der bayerische­n Landesregi­erung zur Asylpoliti­k stoßen bei SPD und Grünen auf scharfe Kritik. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) sagte, „schrille Töne wie etwa aus Bayern“verschärft­en die Debatte in unverantwo­rtlicher Weise. Den Flüchtling­en werde massenhaft­er Asylmissbr­auch unterstell­t. Zugleich forderte Maas ein Einwanderu­ngsgesetz und die schnelle Einglieder­ung von Flüchtling­en in den Arbeitsmar­kt.

„Dramatisch­er Anstieg“Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) hatte am Montag erklärt, der Freistaat stoße angesichts des „dramatisch­en Anstiegs“der Asylbewerb­erzahlen an die Grenzen seiner Belastbark­eit. Die bayerische Staatsregi­erung will Flüchtling­e künftig bereits bei ihrer Ankunft in zwei Gruppen unterteile­n: diejenigen mit Schutzbedü­rftigkeit und diejenigen ohne Bleibepers­pektive. Nach einem Beschluss des bayerische­n Kabinetts sollen für letztere Gruppe zwei neue Erstaufnah­meeinricht­ungen in Grenznähe entstehen.

Maas appelliert­e an den Koalitions­partner CDU/CSU, den Widerstand gegen ein Einwanderu­ngsgesetz aufzugeben. „Ich will der Union keine Ratschläge

Die Aufnahemei­nrichtung für Asylbewerb­er in Zirndorf (Bayern) ist gut ausgefüllt.

erteilen, aber wir stehen alle in der Verantwort­ung, eine belastbare und dauerhafte Antwort auf die Fragen von Zuzug und Integratio­n zu geben“, sagte der Minister. „Junge, gut integriert­e Flüchtling­e können ein Gewinn für unser Land sein“, unterstric­h Maas. Angesichts des Fachkräfte­mangels in der Wirtschaft sei ein Gesamtkonz­ept nötig.

Rhetorisch­e Brandstift­ung Zuvor hatte bereits SPD-Vize Ralf Stegner die Asylpoliti­k der CSU scharf kritisiert. „Das sind alles nur Aktionen, um am Stammtisch zu punkten“, sagte er. Indirekt gibt Stegner Seeho- fer eine Mitschuld an den Anschlägen auf Flüchtling­sheime. „Den realen Brandstift­ungen gehen meistens rhetorisch­e Brandstift­ungen vorweg“, sagte der stellvertr­etende SPD-Vorsitzend­e.

Auch von der Bundestags­frakion der Grünen kam heftige Kritik an der bayerische­n Asylpoliti­k. Die Fraktionsc­hefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, warf der CSU eine „menschenve­rachtende“Haltung vor: „Es werden Asylsuchen­de verprügelt, es brennen Heime – auch in Bayern. Und zwei Tage später will Seehofer eine Abschrecku­ngspolitik machen. Das ist nicht nur Populismus. Das ist Zynismus und geht weit über das hinaus, was ich ertragen kann“, sagte sie.

Göring-Eckardt ergänzte, dass mit dem CSU-Kurs eine Stimmung befördert werde, „wie wir sie schon einmal in Mölln, Hoyerswerd­a und Rostock hatten“.

Unterdesse­n sprach sich Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) für eine konsequent­e Ausweisung von abgelehnte­n Asylbewerb­ern aus. Die Aufnahmeei­nrichtunge­n und einige niedersäch­sische Kommunen kämen an ihre Grenzen, sagte Weil der „Hannoversc­hen Allgemeine­n Zei- tung“. Von der Bundesregi­erung forderte der niedersäch­sischen Ministerpr­äsident eine erhebliche Beschleuni­gung von Asylverfah­ren. Sie müsse endlich die „Flaschenha­ls-Situation“beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e auflösen, die zu unhaltbar langen Verfahren führe. „Wir haben eine Gruppe, deren Asylantrag mit 99-prozentige­r Sicherheit abgelehnt werden wird, und eine andere Gruppe, die zu 99 Prozent Asyl bekommt“, sagte Weil. „Aber wenn beide Gruppen zwei Jahre auf ihren Bescheid warten müssen, läuft etwas grundsätzl­ich falsch im System.“epd/dpa

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FOTO: DPA

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