Bilanzskandal kostet Toshiba- Chef den Job
Seit Jahren geschönte Zahlen vorgelegt – Regierung fürchtet Imageschaden für den Standort Japan
Nach Olympus jetzt Toshiba: Erneut wird die japanische Technologiebranche von einem gewaltigen Bilanzskandal erschüttert. Am Pranger steht nicht zuletzt die Unternehmenskultur.
Peking. Der Chef des japanischen Elektro- und Nuklearkonzerns Toshiba ist zurückgetreten, nachdem jahrelange Bilanzfälschungen bei dem Unternehmen bekannt geworden sind. „Die Verfehlungen haben das Image von Toshiba nachhaltig beschädigt“, gab Hisao Tanaka gestern in Tokio zu. Er entschuldigte sich wortreich und mit Verbeugungen bei den Aktionären und Mitarbeitern für die Verfehlungen. Auch zwei frühere Firmenchefs traten von ihren Vorstands- und Beraterposten zurück.
Toshiba hat seit 2008 geschönte Zahlen vorgelegt, wie eine unabhängige Untersuchungskommission herausgefunden hat. Der Großkonzern hat in diesem Zeitraum eine gute Milliarde Euro mehr Gewinn ausgewiesen, als er tatsächlich erwirtschaftet hat. Die kreative Buchführung sollte ursprünglich nur dazu dienen, ein schwaches Jahr zu verdecken. Als der ausgleichende Erfolg auch im Folgejahr – und danach immer weiter – ausblieb, setzten die Manager unter Tanaka die Praktiken einfach immer weiter fort. Der Untersuchungsbericht gibt eindeutig den Chefs die Schuld. „Die vorschriftswidrigen Buchhaltungsvorgänge erfolgten als Umsetzung einer vom Management vorgegebe- nen Firmenpolitik“, stellen die Prüfer fest.
Bei dem einstigen Vorzeigeunternehmen haben offenbar alle Aufsichtsmechanismen versagt. Die Regierung in Tokio macht sich nun sogar Sorgen um den Standort Japan. „Ich bin total enttäuscht“, sagte Fi- nanzminister und Vizepremier Taro Aso. „Die Vorgänge können das Vertrauen von Investoren in den japanischen Markt nachhaltig schädigen.“
Die Affäre Toshiba kommt in einer Zeit, in der die Transparenz Japans gerade etwas zugenommen zu haben schien. Bis Ende der 90er-Jahre war die „Japan AG“berüchtigt für gegenseitige Verflechtung, Filz und Geheimhaltung. Der Reformpremier Junichiro Koizumi hatte jedoch vor zehn Jahren die Mammutaufgabe auf sich genommen, die gegenseitigen Beteiligungen und damit die Verflechtung der Aufsichtsräte abzubauen. Der aktuelle Regierungschef Shinzo Abe hat hier erst vor kurzem angeknüpft und eine Transparenzinitiative ins Leben gerufen. Auslöser war ein anderer Skandal im Jahr 2011: Der Kamerahersteller Olympus hatte seine Gewinne um einen ähnlich hohen Betrag geschönt wie Toshiba.
Es mangelt in der japanischen Unternehmenskultur chronisch an Whistleblowern, also an Beschäftigten, die Ermittlern Hinweise auf dubiose Machenschaften geben. Mitarbeiter bei traditionellen Firmen wie Toshiba, Hitachi oder Toyota sind langfristig angestellt und in eine strenge Hierarchie eingebunden. Wechsel von einem Großkonzern in den anderen sind selten. Wer einmal auf alle die Seltsamkeiten seiner Firma getrimmt ist, passt woanders nicht mehr hinein. „Es gab für die Buchhaltung in der ToshibaUnternehmenskultur keine Möglichkeit, gegen die Absichten des Managements zu handeln“, stellt der Report fest.