Wohngemeinschaft ist jetzt mitten im Leben
Barmherzige Brüder finden neues Zuhause für Wohngruppe 1
In der Haupt-Einkaufsstraße der Gemeinde Kleinblittersdorf haben seit ein paar Wochen fünf Erwachsene eine neue Wohnung. Die drei Frauen und zwei Männer brauchen wegen ihrer Handicaps Hilfe im Alltag. Aber sie wollen – und sollen – ihr Leben so weit wie möglich selbst gestalten. Das geht am besten, wo alles Wichtige sich zu Fuß erledigen lässt.
Kleinblittersdorf. Ein Summen. Die schicke weiße Tür geht auf. Vor dem Haus rauscht der Verkehr durch Kleinblittersdorfs Ortsmitte. Passanten eilen durch die Elsässer Straße zur Saarbahnhaltestelle. Andere schlendern an Schaufenstern der Einkaufsstraße vorbei oder schlürfen ihren Morgenkaffee. Als die Tür ins Schloss fällt, kündet im Inneren der Geruch von frischer Farbe noch vom Einzug, vom Ankommen im neuen Zuhause.
Im leuchtend weißen Treppenhaus blicken die fünf Bewohner dem Gast freundlich entgegen. „Das sind wir“steht über den Fotos der drei Frauen und zwei Männer. Heute sind sie alle daheim. Edith Hegel, Anke Feld und Susanne Fries, sonst in den Bübinger Werkstätten der Lebenshilfe Obere Saar tätig, haben frei. Die Frauen, alle seit Jahrzehnten berufstätig, genießen die Auszeit von der Arbeit, die sonst Tag für Tag ihr Leben bis in den Nachmittag bestimmt. Auch sie sichern seit vielen Jahren den Ruf der Lebenshilfe, TopLieferant für große Unternehmen wie den Fenster- und Türenhersteller Hörmann zu sein. „Ich gehe gern schaffen“, sagt Edith Hegel. Herbert Kelkel und Rolf Jung, die beiden Männer in der Wohngemeinschaft, sind im Ruhestand.
Aber sie arbeiten viel zu gern und sind deshalb immer auf dem Gelände der Barmherzigen Brüder anzutreffen, um mit anzupacken und zum Beispiel die schönen Anlagen zu pflegen. „Ich bin gern im Garten“, sagt Rolf Jung. Dort, im vier Kilometer entfernten Rilchingen-Hanweiler, begann die Geschichte der Außenwohngruppe 1.
Die Mitglieder brauchen wegen ihrer Handicaps Hilfe im Alltag. Aber sie können vieles allein. Das wollen – und sollen – sie. Mit dem Umzug ins Zentrum Kleinblittersdorfs ist ein Wunsch der fünf wahr geworden. Alfred Klopries, Hausoberer und Heimleiter der Barmherzigen Brüder Rilchingen, will für Menschen wie die in der Außenwohngruppe Wohnungen in der Mitte der Gesellschaft.
Die Bleibe über zwei Etagen im Ortskern hat für Klopries alles, was zur Inklusion von Menschen mit Handicaps gehört. „Der neue Standort ist dafür ideal. Die Bewohner leben verhältnismäßig selbstbestimmt. Sei es wegen der Einkaufsmöglichkeiten und der Ärzte im Ort oder wegen des Saarbahnanschlusses und der intensiven Begleitung durch unsere Mitarbeiter.“
Wohngruppenleiter ClausPeter Dorn und sein in einem Früh- und einem Spätdienst präsentes Team regeln Behördenangelegenheiten, bereiten Arztbesuche vor, sind da, wenn es Fragen oder Schwierigkeiten gibt. Dorns Vorgesetzter, Abteilungsleiter Elmar Martini, stellt wie Dorn klar, dass die fünf in ihrer Außenwohngruppe selbstbestimmte Normalität erleben wollen. Sie haben ihre Einrichtung ausgesucht, über die Farbe des Anstrichs entschieden und genau auf Zubehör geachtet.
„Ein Teppich muss sich gut anfühlen, und ich muss wegen meiner Allergien mit dem Material zurechtkommen“, sagt zum Beispiel Anke Feld. Jetzt ist alles fertig. Nicht für Dauerbespaßung, sagt Martini. Sondern zum gemeinsamen Entspannen wie in jeder anderen WG auch – bevor jeder ganz für sich sein kann, etwa um sich wie der Andrea-Berg-Fan Kelkel eine CD in die Stereoanlage zu schieben.
Bürgermeister Stephan Strichertz freut sich über die Neuen im Ortskern. Er findet die Präsenz der Barmherzigen Brüder, mit 300 Beschäftigten größter Arbeitgeber in der Gemeinde, „gut für den Ort und die Menschen, die hier leben“.
Pfarrer Andreas Müller segnet die neuen Räume der Außenwohngruppe. Er schwärmt von der Selbstverständlichkeit, mit der behinderte Menschen sich seit jeher in die Pfarrgemeinde einbringen. „Sie helfen zum Beispiel beim Aufbau der Krippe und bei den Festen.“So gern und gut, dass niemand sie missen will. „Wir sind froh, dass sie da sind.“