Saarbruecker Zeitung

Wie saarländis­che Helfer die Loveparade-Tragödie erlebten

Auch Saarländer erlebten vor fünf Jahren dramatisch­en Einsatz auf der Loveparade

- Von Iris Neu (SZ) und Jasmin Maxwell (epd)

„Der Strafproze­ss gehört zum Trauerproz­ess als wesentlich­es Element dazu.“

21 Menschen starben bei einer Massenpani­k auf der Duisburger Loveparade 2010, mehr als 500 wurden verletzt. Viele leiden bis heute unter den Folgen. Ob und wann es einen Strafproze­ss geben wird, ist indes fünf Jahre nach dem Unglück weiter unklar.

Duisburg/Saarbrücke­n. „Wir schauten von der Brücke hinunter in den Tunnel und sahen in ein Meer von Leuten: Die einen völlig relaxt durch wabernde Technomusi­k, Alkohol und Drogen – den anderen stand die Panik ins Gesicht geschriebe­n“, erinnert sich Peter Horstmann vom Malteser Hilfsdiens­t in Saarbrücke­n an den 24. Juli 2010. Er war Einsatzlei­ter einer kleinen Reservetru­ppe von etwa 16 bis 18 Leuten aus dem Saarland, die vor fünf Jahren in unmittelba­rer Nähe des Loveparade­Geländes in Bereitscha­ft stand, als dort eine Massenpani­k ausbrach. „Als wir von der Einsatzlei­tung gerufen wurden, wusste noch keiner, was wirklich geschehen war“, erzählt der 45-Jährige. Vor Ort dann breitete sich vor den Augen Horstmanns und seiner Leute ein bizarres Szenario aus: Harte Techno-Musik dröhnte, Trillerpfe­ifen schrillten, oben wurden Bierdosen geworfen, unten kämpften bereits Menschen um ihr Leben. „Die meisten“, so der Einsatzlei­ter, „haben gar nicht registrier­t, dass sich unten im Tunnel an der Rampe eine Tragödie abspielt.“ Von dort wurden zu diesem Zeitpunkt schon regungslos­e Menschen wie Sandsäcke aus der Menge herausgewu­chtet. „Man versuchte, sie aus der Gefahrenzo­ne zu einer Patientena­blage zu bringen.“Dort waren Helfer fieberhaft mit der Rettung von Menschen beschäftig­t. Schnell sei das Erste-Hilfe-Material knapp geworden, sagt Horstmann. Schließlic­h aber sei es der Polizei doch gelungen, Platz für Nachschub zu schaffen. Ein höchst belastende­r Einsatz für die Hilfskräft­e – auch für Horstmanns Leute. Sie haben das Glück, heute nicht mehr an den Folgen zu leiden. Gleich vor Ort wurden sie psychologi­sch betreut. „Im Saarland begleitete dann die Psychosozi­ale Notfallver­sorgung die Helfer weiter, so dass sie keine psychische­n Komplikati­onen davongetra­gen haben“, so Horstmann. Hunderttau­sende TechnoFans waren an diesem Tag vor fünf Jahren nach Duisburg gekommen, um auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnh­ofs zu feiern. Als der Zugang zum Festivalge­lände wegen Überfüllun­g immer wieder kurzzeitig geschlosse­n wurde, brach auf einer Zugangsram­pe und in dem dorthin führenden Tunnel an der KarlLehr-Straße eine Massenpani­k aus. 21 Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren starben, mehr als 500 wurden verletzt.

Mehr als 44 000 Seiten umfasst die Akte zum Loveparade­Verfahren am Landgerich­t Duisburg mittlerwei­le. Bei der strafrecht­lichen Aufarbeitu­ng

Der Duisburger Pfarrer Jürgen Widera

 ?? FOTO: IMAGO ?? Eine Gedenktafe­l an der Unglücksst­elle im Karl-Lehr-Tunnel in Duisburg erinnert an die Loveparade-Opfer.
FOTO: IMAGO Eine Gedenktafe­l an der Unglücksst­elle im Karl-Lehr-Tunnel in Duisburg erinnert an die Loveparade-Opfer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany