Saarbruecker Zeitung

Vom (un)gerechten Lohn

Deutschlan­ds Top-Manager sind in Erklärungs­not

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Die Debatte darüber, welcher Lohn für welche Tätigkeit gerecht ist, kommt immer dann auf, wenn Manager ordentlich zulangen. Also oft. Dann stellt sich zwangsläuf­ig die Frage nach der Verhältnis­mäßigkeit. Auch die Politik mischt sich meist ein. So prangerte der durch Vorträge immer gut verdienend­e Peer Steinbrück des Öfteren die Raffgier der Bosse an. Als SPD-Kanzlerkan­didat zog er sogar mit dem Verspreche­n in den Wahlkampf 2013, die Einkommen gesetzlich begrenzen zu wollen. Steinbrück ist nicht Kanzler geworden. Die SPD sitzt aber in der Bundesregi­erung. Nur durchsetze­n konnte sie sich nicht, wie die neuesten Zahlen über die ManagerGeh­älter noch einmal belegen.

Wer 54 Mal so viel verdient wie sein durchschni­ttlicher Angestellt­er, der hat ein Legitimati­onsproblem. Er kann auf Verantwort­ung für Arbeitsplä­tze, auf Qualifikat­ion, internatio­nalen Wettbewerb oder auf sonst was verweisen – Verständni­s muss man für eine solche Gehaltssch­ere nicht aufbringen. Das hat nichts mit Neid zu tun. Auch der Totschlag-Vergleich mit dem Mini-Einkommen des Rettungssa­nitäters, der doch ebenso Anspruchsv­olles leistet, muss gar nicht bemüht werden. Es reicht der gesunde Menschenve­rstand, um zu erkennen, dass etwas nicht stimmt im System.

Solange die Wirtschaft wächst und die Arbeitslos­igkeit sinkt, fällt das weniger ins Gewicht und ins öffentlich­e Interesse.

GLOSSE Aber wehe, es geht bergab mit der Konjunktur: Dann wird die Debatte über das Gehaltsgef­älle und über gierige Manager, über die zunehmende Spaltung der Gesellscha­ft prompt wieder geführt. Und spätestens dann wird erneut darüber diskutiert, wie mit exorbitant­en Einkommen umgegangen werden soll.

Dass der Staat die Managergeh­älter gesetzlich deckelt, um mehr Gerechtigk­eit herzustell­en, kann jedenfalls nicht funktionie­ren. Denn politisch versteht unter Gerechtigk­eit jeder etwas anderes – auch in der großen Koalition. Bei der Vergütung von Top-Managern muss sich der Staat raushalten wie aus den Lohnverhan­dlungen der Tarifpartn­er. Das hat die SPD einsehen müssen. Ein ganz anderes Thema sind die hohen Vermögen und Erbschafte­n, da sind Reformen dringliche­r und allem Anschein nach besser machbar.

Für mehr Transparen­z im Bereich der Einkommen und Prämien hingegen wurde inzwischen gesorgt, auf EU-Ebene ist zudem die Bremse für BankerBoni beschlosse­n. Und zur Wahrheit gehört ja auch, dass viele Unternehme­n bereits freiwillig die Topverdien­ste ihres Spitzenper­sonals begrenzen. Die Debatte der vergangene­n Jahre darüber, inwieweit in Führungset­agen eine Mentalität des Nehmens und der Gier eingezogen ist, hat Wirkung entfaltet. Freilich nicht bei allen. Deshalb ist der Fingerzeig auf die Top-Verdiener wichtig. Damit sich weiterhin etwas verändert.

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Von Hagen Strauß

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