Städte uneins über Zirkustiere
Saar-Kommunen diskutieren über Illinger Vorstoß gegen Wildtier-Haltung
Illingens Bürgermeister Armin König (CDU) will erreichen, dass die Kommunen aus Tierschutzgründen keine Zirkusse mit Wildtieren mehr dulden. Das wäre ein Eingriff in die Grundrechte, warnen Juristen.
Saarbrücken. Zirkusse mögen unterhaltsam sein, aber bei Elefanten, Giraffen und Nashörnern hört für Armin König der Spaß auf. Der CDU-Bürgermeister der Gemeinde Illingen will nicht mehr mitansehen, wie Wildtiere in Zirkuskäfigen leiden müssen. Die Kommunen könnten bei Zirkussen weder die sachgerechte Tierhaltung kontrollieren noch überprüfen, ob die Tiere Zwang oder Gewalt ausgesetzt seien, meint er. Im Präsidium des Saarländischen Städteund Gemeindetags will er eine Selbstverpflichtung der Kommunen vorschlagen, „keine Zirkusvorstellungen mit Wildtieren mehr zu genehmigen oder billigend in Kauf zu nehmen“.
Doch ob das Ansinnen eine Chance hat, ist zweifelhaft. Unter den 52 Bürgermeistern gibt es unterschiedliche Ansichten. Der Merziger Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU) zum Beispiel unterstützt König: „Aufgrund der nicht artgerechten Haltung und der unwürdigen Bedingungen lehnen wir Wildtiere im Zirkus ab und würden einer Selbstverpflichtung der saarländischen Kommunen, keine Zirkusse mit Wildtieren mehr zu genehmigen, beitreten“, erklärte er. Der Saarlouiser OB Roland Henz (SPD) ließ ausrichten, seine Stadt sei durchaus bereit, der vorgeschlagenen Selbstverpflichtung zu folgen. In den letzten Jahren habe die Stadt keinem Zirkus mit Wildtieren mehr städtische Flächen zur Verfügung gestellt. Allerdings hätten Zirkusse auf Privatgelände gastiert. Der Dillinger Oberbürgermeister FranzJosef Berg (CDU) teilte mit, die Stadt verfüge gar nicht über ein geeignetes Veranstaltungsgelände. „Die Idee meines Amtskollegen Armin König genießt jedoch meine Sympathie.“Auch der Ottweiler Bürgermeister Holger Schäfer (CDU) findet Königs Idee unterstützenswert.
In den Rathäusern einiger Städte gibt es allerdings massive rechtliche Bedenken. Die Stadt Saarbrücken werde sich einer Debatte nicht verschließen, sagt Sprecher Thomas Blug. „Eine Selbstverpflichtung der saarländischen Kommunen, keine Zirkusse mit Wildtieren zu genehmigen, wäre nach heutiger Rechtslage aber nicht gesetzeskonform“, sagte er. Kommunen könnten nicht Veranstaltungen verbieten, die rechtlich erlaubt sind. Dies wäre ein Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit. Interessierte hätten „im Rahmen der Gleichbehandlung“einen Rechtsanspruch darauf, dass die Stadt ihnen einen Platz überlasse.
Auch Neunkirchens Oberbürgermeister Jürgen Fried (SPD) sagt, auf der bestehenden Rechtsgrundlage dürfe die Kreisstadt „im Sinne der freien Berufsausübung“eine Genehmigung nicht verweigern. Zuletzt hatte der Tierschutzbeauftragte des Saarlandes, HansFriedrich Willimzik, beklagt, dass in Deutschland der politische Wille fehle, die Zustände zu ändern. Wildtiere wie Tiger, Löwen und Elefanten hätten in einem Zirkus nichts zu suchen. Doch so pauschal will Fried das nicht gelten lassen: Als der Zirkus Charles Knie kürzlich in Neunkirchen gastierte, habe sich eine Tierärztin des Neun- kircher Zoos auf Anfrage der eigentlich zuständigen Veterinärbehörde des Landes die Haltung der Elefanten angesehen. „Dabei hat sie bei diesem Zirkus in allen Bereichen auf den gesetzlichen Grundlagen eine sehr gute, vorbildliche Tierhaltung feststellen können“, so Fried. Die Amtstierärzte des Landes überwachen Zirkusse auf der Grundlage von Leitlinien des Bundes, die unter anderem Vorgaben zur Unterbringung, Fütterung, Pflege und Gesundheitsüberwachung der Tiere machen.
Auch in den Rathäusern von St. Ingbert und Völklingen heißt es, man sehe keine rechtliche Handhabe, Zirkusse grundsätzlich abzulehnen. Allerdings, so ein Sprecher der Stadt St. Ingbert, werde aufgrund negativer Erfahrungen aus der Vergangenheit sehr sorgfältig geprüft, ob alle notwendigen Unterlagen sowie die amtstierärztlichen Bescheinigungen vorliegen. Auch Völklingen hat schlechte Erfahrungen mit Zirkusbetreibern gemacht („keine Zahlung der Nutzungsgebühr, Drohungen, einen Platz einfach zu besetzen, Gang zum Sozialamt, Betteln mit Tieren“). Ein Sprecher sagte, Anträge von Zirkusbetreibern würden mangels geeigneter Flächen abgelehnt. Die Stadt verweise dann auf den privaten Platz am Weltkulturerbe.