Saarbruecker Zeitung

Bekommt man schneller einen Facharzt-Termin?

Neue Serviceste­lle ab 1. Februar – Kritik von Kassenärzt­en

- Von SZ-Redakteuri­n Ute Klockner

Um die Wartezeite­n auf Facharzt-Termine zu verkürzen, muss die Kassenärzt­liche Vereinigun­g eine Termin-Serviceste­lle einrichten. Ihr Vorsitzend­er befürchtet dadurch jedoch Nachteile für die Patienten.

Saarbrücke­n. „Vor Mitte/Ende September wird das sicher nichts.“Die Frage nach einem Termin beim Facharzt kann für Kassenpati­enten mitunter zur Geduldspro­be werden. Gesetzlich Versichert­e erhalten deshalb künftig eine Vier-Wochen- Garantie für Facharztte­rmine, so haben es Bundestag und Bundesrat kürzlich beschlosse­n. Das neue Gesetz sieht vor, dass die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen (KV) TerminServ­icestellen einrichten müssen, an die sich Versichert­e bei Vorlage einer Überweisun­g ihres Hausarztes wenden können. Dort sollen sie binnen einer Woche einen Termin innerhalb der nächsten vier Wochen erhalten. Gelingt dies nicht, sollen sie sich auf Kosten der niedergela­ssenen Ärzte im Krankenhau­s behandeln lassen können.

Die KV im Saarland wehrte sich gegen die Pläne. Denn seit 2010 wenden Mediziner hier ein Verfahren an, das aus ihrer Sicht erfolgreic­h ist: Braucht ein Patient einen schnellen Termin beim Facharzt, kann ihm der Hausarzt eine „Dringliche Überweisun­g“ausstellen. Eine Studie hatte 2014 ergeben, dass Patienten damit im Schnitt nur sechs Tage auf ihren Termin beim Spezialist­en warten.

Zum 1. Februar 2016 soll die neue Termin-Serviceste­lle der KV im Saarland eröffnen. Vier Mitarbeite­r sollen Anrufe entgegenne­hmen und Termine vergeben. „Das wird ein logistisch­er Aufwand, es wird die Ärzteschaf­t Geld kosten und es wird letzten Endes nicht wirklich jemandem helfen“, kritisiert KV-Chef Dr. Gunter Hauptmann. „Wir schätzen, dass allein die Personalko­sten etwa 250 000 Euro im Jahr betragen.“Das Geld fehle bei den Honoraren für die niedergela­ssenen Ärzte. Trotz Unterstütz­ung des Saar- Gesundheit­sministeri­ums sei keine Ausnahme fürs Saarland mit seinem Modell der „Dringliche­n Überweisun­g“zu erreichen gewesen.

Noch müsse geklärt werden, für welche Erkrankung­en die Serviceste­llen zuständig sind, wie der Versichert­e nachweisen muss, dass er einen Anspruch auf die Leistung hat und welche Entfernung zum Behandlung­sort dem Patienten zugemutet werden kann.

Niedergela­ssene Ärzte sollen den Serviceste­llen Termine nennen, die dort vergeben werden können. Dazu verpflicht­et seien sie jedoch nicht. Wird innerhalb der Frist kein Termin gefunden, muss die Serviceste­lle einen Termin in einem Krankenhau­s vermitteln. Nicht im Gesetz geklärt sei, was passiere, wenn die KV das nicht einhält, sagt Hauptmannn. Aus Sicht der Kassen- ärztlichen Bundesvere­inigung sind Krankenhau­s-Ambulanzen aufgrund des Personalma­ngels aber gar nicht in der Lage, Termin-Engpässe bei Fachärzten aufzufange­n.

Außer für Termine bei Augen- und Frauenärzt­en muss der Patient nachweisen, dass er sich selbst um Termine bemüht hat. Dafür könne der Hausarzt eine Überweisun­g zur Termin-Serviceste­lle ausstellen, sagt Hauptmann. Auch Patienten, die eine Routineunt­ersuchung wünschen, sollen sich an die Serviceste­llen wenden können – allerdings ohne Frist.

Rund 700 000 Überweisun­gen an Fachärzte gibt es im Saarland pro Quartal. Bei der Studie 2014 waren zehn Prozent davon dringlich. „Da käme man auf 700 bis 800 Überweisun­gen am Tag“, überschläg­t Hauptmann.

Durch die Änderungen befürchtet er Nachteile für die Patienten: „Es kann sein, dass eine Frau in Merzig einen Termin beim Gynäkologe­n haben will und einen Termin in Homburg kriegt“, erklärt er. Bei einer „Dringliche­n Überweisun­g“über den Hausarzt hingegen könne geschaut werden, wo der Patient bereits in Behandlung war, und versucht werden, dort einen Termin zu organisier­en. Daher soll die „Dringliche Überweisun­g“parallel zur Serviceste­lle bestehen bleiben. „Wir setzen auf die gute Zusammenar­beit zwischen Haus- und Fachärzten und sind optimistis­ch, dass die Patienten so vernünftig sind, dass sie sich durch die Praxis vermitteln lassen und nicht anonym“, so Hauptmann.

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Gunter Hauptmann

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