Schwimm-WM als Teil von Putins Prestigeprojekt
Wirtschaftskrise und Dopingfälle werfen einen Schatten auf die morgen beginnenden Titelkämpfe im russischen Kasan
Russland richtet zum ersten Mal eine Schwimm-WM aus. Die Wirtschaftskrise, die politisch angespannte Situation und die gehäuften Dopingfälle im Gastgeberland belasten die Veranstaltung schon im Vorfeld.
Kasan. Noch ist nicht sicher, ob Wladimir Putin der SchwimmWM in Kasan einen Besuch abstattet. Es wäre jedoch eine gute Gelegenheit für den russischen Staatspräsidenten, sich bei den Funktionären für den Orden zu bedanken, den ihm der Schwimm-Weltverband Fina vor einem Jahr verliehen hatte.
Die höchste Auszeichnung des Verbandes inmitten des Ukraine-Konflikts brachte der Fina heftige Kritik ein, CDUPolitiker Frank Steffel sprach von einer „geschmacklosen Provokation“. Das Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages forderte die Fina auf, vielmehr über „sportpolitische Sanktionen gegen Russland“nachzudenken. Zumal zahlreiche Dopingvergehen den russischen Schwimm-Verband in Verruf gebracht hatten.
Dazu kam es natürlich nicht, ab morgen bis 9. August wird erstmals auf russischem Boden eine Schwimm-WM ausgetragen. Die Titelkämpfe in der Hauptstadt der Republik Tatarstan sind ein wichtiger Teil von Putins Prestigeprojekt, mit Hilfe von Sport- Großveranstaltungen in der Welt Stärke zu demonstrieren. Doch anders als noch bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi scheint der Rubel nicht mehr ganz so flott zu rollen. Die auch durch Sanktionen des Westens ausgelöste Wirtschaftskrise im Riesenreich hat längst den Sport erreicht.
Der Etat der Fußball-WM in vier Jahren wurde um knapp 500 Millionen Euro gekürzt, eine zweite Auflage des Großen Preises der Formel 1 in Sotschi hängt an einem 65-MillionenEuro-Kredit der russischen Regierung. Auch die Organisatoren der Schwimm-WM haben mit den Auswirkungen zu kämpfen. „Ja, die Krise trifft jeden“, sagt Ranko Tepavcevic, Generalsekretär für Sportprojekte im Land. Er versichert jedoch, dass das Event „höchste Standards“erfüllen werde.
Nach offiziellen Angaben soll die WM mit 2651 Athleten aus 190 Ländern rund 50 Millionen Euro kosten, was vergleichsweise wenig ist. Gespart wurde unter anderem durch die Nutzung der Infrastruktur der Universiade an gleicher Stelle vor zwei Jahren. Auch wurde auf den Bau einer neuen Schwimmarena verzichtet, stattdessen in- stallierte man im Fußballstadion zwei temporäre 50-MeterBecken, die von Zuschauertribünen flankiert sind.
„Egal, ob Hotel, Transport oder Sportstätten – die Rahmenbedingungen sind sehr gut“, sagt Leistungssportdirektor Lutz Buschkow vom Deutschen Schwimm-Verband nach der Ankunft in Kasan. Die poli- tische Diskussion um das Gastgeberland sei unter den Athleten kein Thema: „Sie sind hier, um ihren Sport auszuüben.“
Sportlich steht hinter dem russischen Team wie so oft in der Vergangenheit ein Fragezeichen. Im Synchronschwimmen dürfte der Gastgeber zwar neun von neun möglichen Goldmedaillen gewinnen, doch in den Becken-Wettbewerben sind die Aussichten weniger vielversprechend. Hier ruhen die Hoffnungen vor allem auf Wladimir Morosow (Freistil), Jewgeni Koptelow (Schmetterling) und Julia Jefimowa (Brust).
Die Olympiadritte Jefimowa ist erst seit dem 1. März wieder startberechtigt, nachdem sie im Oktober 2013 bei einer Trainingskontrolle positiv auf das anabole Steroid Dehydroepiandrosteron (DHEA) getestet und für 16 Monate gesperrt worden war. Jefimowa ist kein Einzelfall, seit 2012 gingen mehr als ein Dutzend dopende Schwimmer aus Russland den Kontrolleuren ins Netz. sid
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