Saarbruecker Zeitung

Ein Album voller Energie

„Born In The Echoes“von The Chemical Brothers – Fünf Jahre Tüftelei machen sich für Duo bezahlt

- Von Kai Florian Becker

Im 24. Jahr ihres Bestehens noch ein nahezu durchgängi­g überzeugen­des Album abzuliefer­n, das ist beileibe keine Selbstvers­tändlichke­it. Wie oft veröffentl­ichen Künstler ein unschlagba­r gutes erstes Album, lassen ein solides bis exzellente­s zweites folgen, um in der Folge kontinuier­lich abzubauen. Mit viel Glück haben sie danach noch manch einen nennenswer­ten Erfolg vorzuweise­n. Vielen Bands gelingt aber noch nicht mal mehr das.

Vielleicht ist es von Vorteil, die Sache so anzugehen wie Tom Rowlands und Ed Simons von The Chemical Brothers. Entspannt und gelassen nämlich, um nicht Gefahr zu laufen, sich und sein Talent zu verbrennen und auf Druck der Plattenfir­ma und ihrer schnellleb­igen Industrie im Akkord ein halbgares Album nach dem anderen rauszufeue­rn.

„Born In The Echoes“( Virgin/EMI/Universal) erscheint fünf Jahre nach „Further“. Es wurde wie gewohnt von dem britischen Duo selbst produziert und beinhaltet zahlreiche Gastauftri­tte. Kamaal Fareed alias Ex-A Tribe Called QuestMitgl­ied Q-Tip („Go“) wirkt ebenso mit wie der eigenwilli­ge Musiker Beck („Wide Open“), Annie Clark, besser bekannt unter ihrem Künstlerna­men St. Vincent („Under Neon Lights“), der House-Musiker Ali Love („EML Ritual“) und die walisische Singer-Songwriter­in Cate Le Bon (Titelstück).

The Chemical Brothers sind gelassen ans neue Werk herangegan­gen.

Die erste Single ist zugleich der erste Song: „Sometimes I Feel So Deserted“. Er wurde mit House-Rhythmen unterlegt und trägt unverkennb­ar die Handschrif­t der Chemical Brothers. Noch lassen sie sich aber nicht in die Karten schauen beziehungs­weise noch ziehen sie die Asse nicht aus ihren Ärmeln. Ein guter Anfang ist indes gemacht. „Go“hat mehr Wumms; Q-Tips näselnde Stimme fügt sich perfekt in das Konstrukt aus zuckenden Beats und Bässen und eines an Glam/Synthieroc­k erinnernde­n Refrains ein. Hit- verdächtig! Das Niveau bleibt hoch und das Album abwechslun­gsreich. Den zwischenze­itlichen Höhepunkt markiert „I‘ll See You There“, das ein Psychedeli­c Rock-Stück hätten sein können, wäre es mit Gitarre/Bass/ Schlagzeug eingespiel­t worden. „Just Bang“mildert die vorher aufgekomme­ne Euphorie ab: ein monotoner Midtempo-Song, für den statt Gesang gesampelte Stimmen verwendet wurden. In Anlehnung an seinen Titel (frei übersetzt: Nur druff ) erinnert er an eine Percussion-Collage. Statt eines Knalls aber eher ein leises Plopp.

Techno kommt bei „Reflexion“ins Spiel. Anfangs zumindest. Mit der Zeit entwickelt sich „Reflexion“in einen aufregende­n, energiegel­adenen spacig-sphärische­n Track. Völlig obskur – aber nicht schlecht! – ist „Taste Of Honey“. Ein schierer Trip. Ähnlich wie „Radiate”, das peu à peu Spannung und Lautstärke aufbaut, um nach einer Saxofon-Einlage zu verstummen. Abgeschlos­sen wird dieses interessan­te Album mit chartkompa­tiblem, aber nicht aufdringli­chem Trancepop („Wide Open“). Das Fazit kann nur lauten: Gut gemacht.

Keston Cobbler’s Club „Wildfire“

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