Quirliger Alpenmusiker
Neu im Kino: „Hubert von Goisern – Brenna tuat’s schon lang“– Einfühlsames Portrait, das glänzend unterhält
Ein Mann rudert früh morgens hinaus auf den Hallstätter See und wirft die Angelrute aus. Es ist ein idyllisches Bild, mit dem Marcus H. Rosenmüller den Hauptdarsteller seines dokumentarischen Porträts erstmalig vor der Kamera zeigt. Der Liedermacher Hubert von Goisern wirkt jünger als die 62 Jahre, die er mittlerweile ist; zwar nicht viel, aber immerhin. So zur Mitte der 80er Jahre erschien er auf der Bildfläche und mischt seither die Musi auf. Der Hubert aus dem Örtchen Goisern verquirlte mit den Alpinkatzen Punk und MontanaraHeimatklang, engagierte sich vor Ort in Afrika für die Weltmusik und stellt Popularität und Können gern auch in den Dienst des europäischen Gedankens (u.a. mit einer Tournee per Schiff die Donau hinab bis nach Rumänien, was allein schon einen klasse Film ergeben hätte) und der eigenen, rundweg glaubwürdigen sozialen Ader.
Und nun legt der Rosenmüller Marcus eine wahrlich packende Biografie vor, die – im Gesamtwurf zwar chronologisch – gern mittels Gedankenaustausch mit dem Star und dessen Weggefährten (sehr gut sind der alte Musiklehrer und der Manager und Promoter Hage Hein) Umwege und Abkür- zungen in den Dienst des gerade relevant Erscheinenden stellt; dankenswerterweise in deutscher Untertitelung, was eine klare Bereicherung darstellt im Gegensatz zu früheren Rosenmüller-Titeln wie „Wer früher stirbt, ist länger tot“, „Beste Gegend“und besonders „Die Perlmutterfarbe“, wo man ohne Kenntnis des alpinen Zungenschlags komplett aufgeschmissen sein konnte. Rosenmüllers Regie ist wie Goiserns Musik sensibel und temperamentvoll, was abwechslungsreichen Rhythmus in der Inszenierung garantiert. Rosenmüller ist neugierig als Fan und zeigt Begeisterungsfähigkeit, wenn er – anders als Wen- ders in seinen Musikfilmen – auch mal einen Musiktitel ganz durchspielen lässt, aber er ist auch klug genug, um nicht die Distanz zu verlieren. Wer etwas über einen Künstler und Menschen erfahren will, muss sich mit dessen Arbeit auseinandersetzen. Das Private erschließt dann ganz von allein, und genau so kommt es in diesem feinen Film, der den Zuschauer glänzend unterhält, weil er profund informiert und seinem Hauptdarsteller stets Größe und Würde belässt.
D 2015, 94 Min.; Filmhaus (Sb); Regie, Drehbuch: Marcus H. Rosenmüller; Kamera: Johannes Kaltenhauser