Saarbruecker Zeitung

Tod durch Magersucht

Neu im Kino: „Seht mich verschwind­en“

- Von Uwe Mies

Das Plakat zum Film zeigt das Gesicht einer Frau, deren Haut sich beinah fleischlos über die Knochen spannt. Isabelle Caro (Foto: Farbfilm), die in Biografien auch als Schauspiel­erin geführt wird, spielte ihre einzige Filmrolle 2010 in Luc Bessons Comicverfi­lmung „Adele und das Geheimnis des Pharao“als zum Leben erwachte Mumie. Eine Besetzung, die eine Menge Geld gespart haben muss, weil man weder Trick- noch Maskeneffe­kte brauchte. Isabell Caro verstarb kurz darauf im Alter von 28 Jahren an Lungenentz­ündung. Seit dem Eintritt in die Pubertät war sie magersücht­ig gewesen. 2007 posierte sie nackt für die Nolita-Kampagne vor der Kamera von Oliviero Toscani mit einem Gewicht von etwa 32 Kilogramm bei 1,65 Meter Größe. Die amerikanis­che Filmemache­rin Kiki Allgeier nahm Kontakt auf und begann ein Videotageb­uch unter der Vorgabe, Caros Magersucht nicht auszustell­en. Was eine merkwürdig­e Abmachung ist, denn Caros Krankheit ist nicht zu übersehen, sie zu ignorieren ebenso fahrlässig wie dumm, weil auf diese Weise nichts hinterfrag­t oder begreifbar wird.

Allgeier hat auch Caros Vater interviewt, der eine gelinde zwiespälti­ge Rolle im Geschehen einnimmt, letztlich aber immer Raum hat, sich herauszure­den. Immerhin hätte er besser auf die Tochter achtgeben müssen, als die noch minderjähr­ig war. Der Spaß am eigenen Künstlerle­ben war wichtiger. Caros Mutter beging kurz nach dem Tod der Tochter Selbstmord. Der Zuschauer erlebt all das in wohlfeiler Distanz. Er muss Caros Aussehen ertragen. Alles andere hat die Filmemache­rin in falscher Loyalität weggelasse­n. ( D/F/I 2014, 85 Min.; Filmhaus (Sb); Regie, Drehbuch, Kamera: Kiki Allgeier) Isabelle Caro

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