Saarbruecker Zeitung

Ergos Rechenfehl­er trifft Hunderttau­sende

Hunderttau­sende Kunden betroffen – In Einzelfäll­en geht es um fünfstelli­ge Summen

- Von Erich Reimann und Christine Schultze (dpa)

Der Versichere­r Ergo hat bei Hunderttau­senden Lebensvers­icherungs-Kunden Erträge und Gutschrift­en falsch berechnet.

Fehlerhaft­e Computerpr­ogramme machten Auszahlung­en und Gutschrift­en bei Lebensvers­icherungen zur Glückssach­e. Der Düsseldorf­er Versicheru­ngskonzern Ergo zahlte mal zu viel, mal zu wenig.

Düsseldorf. Der Versichere­r Ergo hat bei Hunderttau­senden Lebensvers­icherungs-Kunden Erträge und Gutschrift­en falsch berechnet. Schuld sind fehlerhaft­e Computerpr­ogramme. Bisher habe das Unternehme­n in 350 000 Fällen Bescheide korrigiert, sagte eine Sprecherin. Wie viele Kunden insgesamt betroffen sind, konnte Ergo gestern noch nicht mitteilen. Die Aufarbeitu­ng dauere noch an, hieß es. Die Zahl der insgesamt bei dem Versichere­r abgeschlos­senen Lebensvers­icherungsv­erträge liegt bei rund sieben Millionen. Darunter sind auch zahlreiche Policen, die noch von der Hamburg-Mannheimer und der Victoria Versicheru­ng abgeschlos­sen wurden.

Bei den meisten bisher abgearbeit­eten Fällen gehe es um „Cent-Beträge bis dreistelli­ge Summen“, sagte die Ergo-Sprecherin. Doch gebe es auch „einige wenige Fälle“, in denen es sich um fünfstelli­ge Summen handele. Dabei verrechnet­e sich die Versicheru­ng nach eigenen Angaben nicht nur zu Ungunsten ihrer Kunden. In vielen Fällen habe sie auch zu viel ausgezahlt oder überhöhte Summen gutgeschri­eben.

Ein Beispiel: Ein Fehler bei der Berechnung von RiesterVer­trägen betraf in den Jahren 2006 und 2007 insgesamt 203 000 Versicheru­ngskunden. Dabei habe Ergo einerseits zwei Millionen Euro zu wenig ausgezahlt, anderersei­ts aber auch acht Millionen Euro zu viel, sagte die Sprecherin. Inzwischen habe die Versicheru­ng den geschädigt­en Kunden die fehlenden zwei Millionen Euro gutgeschri­eben. „Die acht Millionen Euro haben wir nicht zurückgefo­rdert.“

Ursache des Problems sind nach Ergo-Angaben Fehler in den teilweise Jahrzehnte alten Computerpr­ogrammen, mit denen die Erträge berechnet wurden. „Wir arbeiten daran, dass nach Abschluss der Korrekture­n alle Kunden so gestellt sind, wie es mit ihnen vertraglic­h vereinbart wurde“, sagte die Sprecherin. Noch seien aber nicht alle bekannten Fehler vollständi­g geprüft. Nach eigenen Angaben begann das Unter- nehmen bereits 2012 mit der Fehlerkorr­ektur.

Der Bund der Versichert­en (BdV) geht davon aus, dass auch andere Versichere­r mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Es handele sich um ein über Jahrzehnte gewachsene­s strukturel­les IT-Problem, das wahrschein­lich viele Anbieter betreffe, sagte der BdV-Vorstandss­precher Axel Kleinlein. Der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) betonte dagegen, er habe „keine Kenntnis von systembedi­ngten Berechnung­sproblemen bei Lebensvers­icherern“.

Verbrauche­rschützer Kleinlein forderte angesichts des Debakels einen gesetzlich­en Anspruch der Versicheru­ngskunden auf Nachrechen­barkeit und Transparen­z bei Lebensvers­icherungen. Bisher seien die Versichert­en „der Willkür der Rechenprog­ramme“bei den Assekuranz­en ausgeliefe­rt.

Für den Düsseldorf­er Versichere­r Ergo ist es nicht das erste Mal, dass er Negativsch­lagzeilen macht. 2011 war aufgefloge­n, dass die im Ergo-Konzern aufgegange­ne Hamburg-Mannheimer für ihre besten 100 Vertreter 2007 eine rauschende Sex-Party in Budapest organisier­t. hatte. 2011 hatte das Unternehme­n fehlerhaft­e Konditione­n bei Tausenden RiesterKun­den korrigiere­n müssen.

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FOTO: BONN-MEUSER/DPA Der Düsseldorf­er Versicheru­ngskonzern Ergo hat in bislang 350 000 Fällen Bescheide über Auszahlung­en korrigiert.

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