Nordrhein-Westfalen gegen den Osten der Republik
Woran eine Einigung beim Länderfinanzausgleich bislang scheitert
Saarbrücken. Um den nordrheinwestfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans auf die Palme zu bringen, reicht es schon, wenn man sein Bundesland für ein „Nehmerland“im Länderfinanzausgleich hält. „NordrheinWestfalen ist ein Geberland“, behauptet der SPD-Mann dann trotzig. Wer diese Diskussion halbwegs versteht, der weiß, warum die Verhandlungen in Berlin über einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich ab 2020 gerade in einer Sackgasse stecken und zu scheitern drohen – was für das dringend hilfebedürftige Saarland eine Katastrophe wäre.
Nordrhein-Westfalen bekommt jedes Jahr ein paar hundert Millionen Euro aus dem Länderfinanzausgleich, es ist hier also tatsächlich Nehmerland. Allerdings ist dem Länderfinanzausgleich ein kaum bekannter Ausgleichsmechanismus vorgeschaltet: der Umsatzsteuer-Vorwegausgleich. Hier wird das Aufkommen der Mehrwertsteuer von starken zu schwachen Bundesländern umverteilt. Und hier zahlt Nordrhein-Westfalen jedes Jahr mehr als zwei Milliarden Euro ein. Unter dem Strich gibt NRW also deutlich mehr, als es bekommt.
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte im Düsseldorfer Landtag kürzlich mit Blick auf die Verhandlungen in Berlin: „Klar ist, dass es keine Lösung gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens geben kann. Deshalb wird insbesondere der für unser Land besonders ungerechte UmsatzsteuerVorwegausgleich abgeschafft werden müssen. Denn er verwischt, dass Nordrhein-Westfalen ein starkes Zahlerland ist.“Der Bund hat die NRW-Position übernom- men. Die Folge wäre, dass das Volumen des eigentlichen Länderfinanzausgleichs zunehmen müsste und der Bund stärker in der Pflicht wäre, schwachen Ländern mit direkten Zuweisungen aus dem Bundesetat zu helfen, wozu er auch bereit wäre.
Die Ministerpräsidenten der fünf neuen Bundesländer wollen das aber unter allen Umständen verhindern, auch wenn sie am Ende finanziell gar nicht unbedingt schlechter da stünden als jetzt. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Saar-Landtag, Klaus Meiser, sagte vor einigen Wochen einmal sichtlich genervt, die Ost-Länder machten in den Verhandlungen „sehr, sehr schlechte Laune“.
Was treibt die ostdeutschen Länder an? Die Einnahmen aus dem Umsatzsteuer-Ausgleich gelten rein rechtlich als eigene Steuereinnahmen, die ihnen niemand nehmen kann. Das schönt die Bilanz der ostdeutschen Länder, deren eigene Steuerkraft in Wahrheit nach wie vor desaströs ist. Das aber würde offengelegt, wenn die Ost-Länder künftig direkte Hilfen des Bundes erhielten. Der „Tagesspiegel“zitierte SachsenAnhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kürzlich mit den Worten: „Es darf nicht sein, dass die Grenzen der DDR noch bis 2099 im Bundesetat festgeschrieben werden.“
So lange es hier keine Einigung gibt, hängt auch in der Schwebe, mit wie viel Geld das Saarland künftig rechnen kann. Die Landesregierung pocht auf Konsolidierungshilfen, vor allem wegen der Zinsbelastung. NRW-Regierungschefin Kraft sagte kürzlich im Landtag, es gelte eine Lösung zu finden, mit der auch die besonderen finanziellen Probleme des Saarlandes, Bremens und der OstLänder angemessen berücksichtigt werden. Auf den Zwischenruf eines FDP-Abgeordneten entgegnete sie: „Wenn Sie sich diese Dimensionen anschauen, dann können Sie froh sein, dass Sie dort nicht im Parlament sitzen.“