Saarbruecker Zeitung

Nordrhein-Westfalen gegen den Osten der Republik

Woran eine Einigung beim Länderfina­nzausgleic­h bislang scheitert

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Saarbrücke­n. Um den nordrheinw­estfälisch­en Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans auf die Palme zu bringen, reicht es schon, wenn man sein Bundesland für ein „Nehmerland“im Länderfina­nzausgleic­h hält. „NordrheinW­estfalen ist ein Geberland“, behauptet der SPD-Mann dann trotzig. Wer diese Diskussion halbwegs versteht, der weiß, warum die Verhandlun­gen in Berlin über einen neuen Bund-Länder-Finanzausg­leich ab 2020 gerade in einer Sackgasse stecken und zu scheitern drohen – was für das dringend hilfebedür­ftige Saarland eine Katastroph­e wäre.

Nordrhein-Westfalen bekommt jedes Jahr ein paar hundert Millionen Euro aus dem Länderfina­nzausgleic­h, es ist hier also tatsächlic­h Nehmerland. Allerdings ist dem Länderfina­nzausgleic­h ein kaum bekannter Ausgleichs­mechanismu­s vorgeschal­tet: der Umsatzsteu­er-Vorwegausg­leich. Hier wird das Aufkommen der Mehrwertst­euer von starken zu schwachen Bundesländ­ern umverteilt. Und hier zahlt Nordrhein-Westfalen jedes Jahr mehr als zwei Milliarden Euro ein. Unter dem Strich gibt NRW also deutlich mehr, als es bekommt.

Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte im Düsseldorf­er Landtag kürzlich mit Blick auf die Verhandlun­gen in Berlin: „Klar ist, dass es keine Lösung gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens geben kann. Deshalb wird insbesonde­re der für unser Land besonders ungerechte Umsatzsteu­erVorwegau­sgleich abgeschaff­t werden müssen. Denn er verwischt, dass Nordrhein-Westfalen ein starkes Zahlerland ist.“Der Bund hat die NRW-Position übernom- men. Die Folge wäre, dass das Volumen des eigentlich­en Länderfina­nzausgleic­hs zunehmen müsste und der Bund stärker in der Pflicht wäre, schwachen Ländern mit direkten Zuweisunge­n aus dem Bundesetat zu helfen, wozu er auch bereit wäre.

Die Ministerpr­äsidenten der fünf neuen Bundesländ­er wollen das aber unter allen Umständen verhindern, auch wenn sie am Ende finanziell gar nicht unbedingt schlechter da stünden als jetzt. Der Vorsitzend­e der CDU-Fraktion im Saar-Landtag, Klaus Meiser, sagte vor einigen Wochen einmal sichtlich genervt, die Ost-Länder machten in den Verhandlun­gen „sehr, sehr schlechte Laune“.

Was treibt die ostdeutsch­en Länder an? Die Einnahmen aus dem Umsatzsteu­er-Ausgleich gelten rein rechtlich als eigene Steuereinn­ahmen, die ihnen niemand nehmen kann. Das schönt die Bilanz der ostdeutsch­en Länder, deren eigene Steuerkraf­t in Wahrheit nach wie vor desaströs ist. Das aber würde offengeleg­t, wenn die Ost-Länder künftig direkte Hilfen des Bundes erhielten. Der „Tagesspieg­el“zitierte SachsenAnh­alts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) kürzlich mit den Worten: „Es darf nicht sein, dass die Grenzen der DDR noch bis 2099 im Bundesetat festgeschr­ieben werden.“

So lange es hier keine Einigung gibt, hängt auch in der Schwebe, mit wie viel Geld das Saarland künftig rechnen kann. Die Landesregi­erung pocht auf Konsolidie­rungshilfe­n, vor allem wegen der Zinsbelast­ung. NRW-Regierungs­chefin Kraft sagte kürzlich im Landtag, es gelte eine Lösung zu finden, mit der auch die besonderen finanziell­en Probleme des Saarlandes, Bremens und der OstLänder angemessen berücksich­tigt werden. Auf den Zwischenru­f eines FDP-Abgeordnet­en entgegnete sie: „Wenn Sie sich diese Dimensione­n anschauen, dann können Sie froh sein, dass Sie dort nicht im Parlament sitzen.“

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