Flüchtlings-Debatte reißt nicht ab
SPD-Politikerin Özoguz unterstützt Vorschlag aus Bayern – NRW erwartet Rekordzahl
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat sich offen gezeigt, Asylbewerber nach Herkunftsregionen auf Aufnahmeeinrichtungen zu verteilen. Dafür hatte Bayern geworben.
Berlin. Die Debatte über den Umgang mit Asylbewerbern aus Balkanländern reißt nicht ab: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warb gestern erneut für das Vorhaben, gerade für Bewerber aus Ländern mit hohen Ablehnungsquoten wie den Balkanstaaten gesonderte Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), zeigte sich offen für den Vorschlag Bayerns: Es sei „durchaus eine Idee“, dass die Flüchtlinge aus bestimmten Regionen auch in bestimmte Erstaufnahmeeinrichtungen kämen, sagte sie im RBB-Inforadio. Özoguz mahnte grundsätzlich eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen an. Den Flüchtlingen, die keine Chance auf Asyl hätten, müsse das auch schnell gesagt werden. In einer Erklärung hob die Flüchtlingsbeauftragte hervor, es sei zu begrüßen, dass Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) begriffen habe, dass er zu wenig Erstaufnahmeeinrichtungen in seinem Land habe. Özoguz übte aber auch Kritik: „Umso bedauerlicher ist es, dass er das mit einer beschämenden Abschreckungsrhetorik verbindet und den Eindruck erweckt, dass er ,Abschiebelager’ an den Grenzen aufmachen will.“Der CSUPolitiker Herrmann mahnte im ZDF-„Morgenmagazin“ein differenziertes Vorgehen an. Es gebe eine „große humanitäre Verpflichtung“etwa für Flüchtlinge aus Syrien, aber andere Flüchtlinge hätten kein Asylrecht und müssten möglichst rasch in ihre Heimat zurückkehren.
Nordrhein-Westfalen steht in dieser Woche vor einer Rekordzahl von Flüchtlingen aus Syrien und dem Balkan. Nach Rechnung der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg werden 5300 Asylsuchende in die Erstaufnahmestellen kommen. Und der Zulauf wird Schätzungen zufolge vorerst auch nicht abreißen. Schon in den vergangenen Wochen waren jeweils um die 5000 Flüchtlinge gekommen. Um der Lage Herr zu werden, hat das Land in den kreisfreien Städten 37 Notunterkünfte durch die Kommunen bereitstellen lassen, vor allem Turnhallen, aber auch Schulen und Plätze in einer Jugendherberge.
Unterdessen hat die Zahl der Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte massiv zugenommen. Seit Jahresbeginn gab es bundesweit 202 Angriffe, das sind so viele wie im gesamten Vorjahr, wie das Bundesinnenministerium gestern in Berlin mitteilte. SPD-Chef Sigmar Gabriel rief die Mitglieder seiner Partei auf, den nach Deutschland kommenden Flüchtlingen aktiv zu helfen. In den vergangenen Wochen hatte es mehrfach Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben. afp/dpa