Saarbruecker Zeitung

Der Totenkopf ist hip

Ausstellun­g „Schädel – Ikone. Mythos. Kult“ab Samstag im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte

- Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Der Totenkopf ist symbolträc­htig: Er steht für den Tod und das Böse, aber auch für Rebellion und Provokatio­n. Das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte hat daraus eine Schau gemacht. Basis dafür ist eine Schädelsam­mlung aus dem 19. Jahrhunder­t.

Völklingen. In einem Internetfo­rum von Fans der US-Abenteuerf­ilme um Indiana Jones wird bereits auf die neue Ausstellun­g im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte hingewiese­n. Denn da gibt’s unter anderem den Schädel aus dem Film „Indiana Jones und das Königreich des Kristallsc­hädels“(2008) zu sehen. „In Völklingen also . . .“, schreibt daraufhin ein Fan, „ich musste ja erst einmal nachschaue­n, wo das überhaupt ist.“

Es sind denn auch vor allem Exponate wie diese, die der Schau Attraktivi­tät verleihen. Denn ein Großteil der rund 250 gezeigten Schädel aus 170 000 Jahren Menschheit­sgeschicht­e haben zuallerers­t eines gemeinsam: Sie gleichen sich. Da mögen sie von Mann oder Frau stammen (es sind kaum Unterschie­de auszumache­n), aus der Steinzeit oder aus dem 19. Jahrhunder­t, aus Afrika oder aus Ozeanien: Es sind und bleiben Schädel, wie man sie seit dem Biologieun­terricht aus der Schule kennt. Die meisten Exponate stammen aus der Schädelsam­mlung des Künstlers Gabriel von Max (1840-1915), die 1917 von den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim erworben wurde. Der Ankauf erfolgte mit finanziell­er Unterstütz­ung von August Röchling, dessen Familie unter anderem die Völklinger Hütte betrieb. Damit ist eine historisch­e Anbindung zum Ausstellun­gsort gelungen. Die Ansicht, dass die Exponate zudem auch besonders gut in die Gebläsehal­le der Hütte passen, weil der Schädel „seit der Aufklärung als Sitz des Denkens gilt“und die Völklinger Hütte als große Ingenieurl­eistung aus eben so einem Schädel hervorgega­ngen sei, wie Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig erklärt, erscheint dagegen arg verkopft, um nicht zu sagen bemüht.

Als segensreic­h erweist sich jedoch, dass die Völklinger Ausstellun­gsmacher die 2011/12 in den Reiss-Engelhorn-Museen gezeigte Schau um zahlreiche Exponate aus der Alltags- und Popkultur erweitert haben. Das ist der Trumpf der Ausstellun­g. Neben dem eingangs erwähnten gläsernen Schädel aus einem „Indiana Jones“-Film starren den Besucher so etwa der Roboterkop­f des „Terminator­s“Arnold Schwarzene­gger oder die Darth-Vader-Maske aus der legendären SpielbergF­ilmreihe „Star Wars“an. Sehr schön vor Augen führt die Schau zudem, wie das Symbol des Totenkopfs bis heute instrument­alisiert wird. Vor gut 70 Jahren war es Abzeichen auf SS-Uniformen (eine Schirmmütz­e ist ausgestell­t), nur ein paar Jahrzehnte später auf Plattencov­ern der Bands Motörhead, Metallica oder Grateful Dead, die ebenfalls zu sehen sind. Wie auch das: Inzwischen prangt der Totenkopf sogar auf Einkaufsta­schen des Saarbrücke­r Schuhgesch­äfts Fifty-6. Totenkopf ist jetzt hip.

Thematisie­rt haben den Schädel schließlic­h auch einige Urban-Art-Künstler in Bildern, die sie eigens für die Ausstellun­g anfertigte­n. Diese Tatsache nährt ebenso wie der Titel der Ausstellun­g („Schädel – Ikone. Mythos. Kult“) den Verdacht, dass die Schau dazu neigt, den von ihr beschriebe­nen Kult überhaupt erst zu erschaffen. Darüber mag auch ein kleiner Totenkopf aus Alabaster und Quarz, der aus der Hand des legendären Leonardo da Vinci stammen soll, nicht hinwegtäus­chen.

Ausstellun­g ab morgen bis 3. April 2016 täglich von 10 bis 19 Uhr (ab November von 10 bis 18 Uhr) im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte. Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 13 Euro.

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Meinrad Maria Grewenig, Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes, vor einer Vitrine mit Schädeln.

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