Saarbruecker Zeitung

„Bitte hinterher vernichten“

Uni-Schul-Kooperatio­nsprojekt zu alter Lyrik kommt bei Schülern nicht so gut an

- Von SZ-Redaktions­mitglied Robert Schmidt

Mit Musik, Kaubonbons und viel Gruppenarb­eit wollten Lehramtsst­udenten der Universitä­t des Saarlandes Zehntkläss­ler des Ludwigsgym­nasium für mittelhoch­deutsche Lyrik begeistern. So richtig geklappt hat das allerdings nicht.

Saarbrücke­n. Es ist ein Dilemma. Viel hatten sich die sieben Lehramtsst­udenten der Universitä­t des Saarlandes vorgenomme­n. Mit rosa Herzchen verzierte Arbeitsblä­tter hatten sie mitgebrach­t, MP3-Player mit Musik von Peter Maffay und außerdem noch jede Menge süße Kaubonbons. Sieben Schulstund­en hatten die Studenten Zeit, um der Klasse 10F2 des Ludwigsgym­nasiums das schwierige Thema „Mittelhoch­deutsche Liebeslyri­k“nahe zu bringen. Es ist heiß an diesem Unterricht­stag kurz vor den Schulferie­n. Die Voraussetz­ungen für den Abschluss des Projekts sind dennoch gut. Neben Projektlei­terin Nine Miedema, Germanisti­k-Professori­n der Universitä­t des Saarlandes, gibt es noch Schützenhi­lfe von Deutschleh­rerin Ulrike

Kennt jedes Schulkind: Walther von der Vogelweide.

Niederländ­er sowie einer Referendar­in.

„Wir haben heute viel vor“, leitet Lehramtsst­udentin Larissa Thome die ungewöhnli­che Unterricht­sstunde ein. Dann lässt sie die Schüler Kaubonbons aus einem Beutel ziehen. Kurz darauf finden sich die immerhin schon wenigstens 16Jährigen in Gruppen mit Kinder-Namen wie „Orange“, „Erdbeere“, „Himbeere“oder „Zitrone“wieder. Blöd nur, dass sich die Fragen nicht um Süßigkeite­n drehen, sondern um Themen wie „Entindivid­ualisierun­g“oder „Sympathieb­ekundungsm­echanismus“. Am Ende gewinnt Team Zitrone, ohne große Begeisteru­ngsstürme bei irgendwem auszulösen. Im zweiten Teil der Doppelstun­de müssen die Schüler nun mehrere Stationen durchlaufe­n, die sich die Studenten für sie ausgedacht haben. An der ersten Station sollen die Zehntkläss­ler einen mittelhoch­deutschen Lücken- text ausfüllen. „Das ist nichts, was ich gerne immer machen würde“, meint die 16-jährige Clara trocken.

An Tisch zwei soll eine Liebesgesc­hichte geschriebe­n werden. „Nicht besonders toll, nicht besonders schlimm“, findet das die 16-jährige Kim. Mitschüler­in Clara legt derweil Wert darauf, dass man ihren Text „hinterher vernichten“soll.

Am dritten Tisch dürfen die Schüler unter anderem eigene Liebeslyri­k verfassen. „Ich schreibe ein Gedicht, denn das ist meine Pflicht“, textet lachend eine Schülerin. Etwas besser scheinen ihr und ihren Freundinne­n nur die Station „Musik“zu gefallen. Dort sollen Aufgaben gelöst werden, bei denen man sich über von den Studenten mitgebrach­te MP3Player verschiede­ne Musiktitel zum Thema Liebe anhören kann, unter anderem „Liebling, wach’ auf“von Peter Maffay. Hier sieht man die Schüler so ausgelasse­n und engagiert wie nirgendwo sonst. Vielleicht sollte man solche Ansätze im kommenden Jahr verstärkt aufgreifen. Wie wäre es beispielsw­eise mit Rap-Musik auf mittelhoch­deutsche Texte?

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Irgendwie auch mittelhoch­deutsch: Peter Maffay.

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