„Bitte hinterher vernichten“
Uni-Schul-Kooperationsprojekt zu alter Lyrik kommt bei Schülern nicht so gut an
Mit Musik, Kaubonbons und viel Gruppenarbeit wollten Lehramtsstudenten der Universität des Saarlandes Zehntklässler des Ludwigsgymnasium für mittelhochdeutsche Lyrik begeistern. So richtig geklappt hat das allerdings nicht.
Saarbrücken. Es ist ein Dilemma. Viel hatten sich die sieben Lehramtsstudenten der Universität des Saarlandes vorgenommen. Mit rosa Herzchen verzierte Arbeitsblätter hatten sie mitgebracht, MP3-Player mit Musik von Peter Maffay und außerdem noch jede Menge süße Kaubonbons. Sieben Schulstunden hatten die Studenten Zeit, um der Klasse 10F2 des Ludwigsgymnasiums das schwierige Thema „Mittelhochdeutsche Liebeslyrik“nahe zu bringen. Es ist heiß an diesem Unterrichtstag kurz vor den Schulferien. Die Voraussetzungen für den Abschluss des Projekts sind dennoch gut. Neben Projektleiterin Nine Miedema, Germanistik-Professorin der Universität des Saarlandes, gibt es noch Schützenhilfe von Deutschlehrerin Ulrike
Kennt jedes Schulkind: Walther von der Vogelweide.
Niederländer sowie einer Referendarin.
„Wir haben heute viel vor“, leitet Lehramtsstudentin Larissa Thome die ungewöhnliche Unterrichtsstunde ein. Dann lässt sie die Schüler Kaubonbons aus einem Beutel ziehen. Kurz darauf finden sich die immerhin schon wenigstens 16Jährigen in Gruppen mit Kinder-Namen wie „Orange“, „Erdbeere“, „Himbeere“oder „Zitrone“wieder. Blöd nur, dass sich die Fragen nicht um Süßigkeiten drehen, sondern um Themen wie „Entindividualisierung“oder „Sympathiebekundungsmechanismus“. Am Ende gewinnt Team Zitrone, ohne große Begeisterungsstürme bei irgendwem auszulösen. Im zweiten Teil der Doppelstunde müssen die Schüler nun mehrere Stationen durchlaufen, die sich die Studenten für sie ausgedacht haben. An der ersten Station sollen die Zehntklässler einen mittelhochdeutschen Lücken- text ausfüllen. „Das ist nichts, was ich gerne immer machen würde“, meint die 16-jährige Clara trocken.
An Tisch zwei soll eine Liebesgeschichte geschrieben werden. „Nicht besonders toll, nicht besonders schlimm“, findet das die 16-jährige Kim. Mitschülerin Clara legt derweil Wert darauf, dass man ihren Text „hinterher vernichten“soll.
Am dritten Tisch dürfen die Schüler unter anderem eigene Liebeslyrik verfassen. „Ich schreibe ein Gedicht, denn das ist meine Pflicht“, textet lachend eine Schülerin. Etwas besser scheinen ihr und ihren Freundinnen nur die Station „Musik“zu gefallen. Dort sollen Aufgaben gelöst werden, bei denen man sich über von den Studenten mitgebrachte MP3Player verschiedene Musiktitel zum Thema Liebe anhören kann, unter anderem „Liebling, wach’ auf“von Peter Maffay. Hier sieht man die Schüler so ausgelassen und engagiert wie nirgendwo sonst. Vielleicht sollte man solche Ansätze im kommenden Jahr verstärkt aufgreifen. Wie wäre es beispielsweise mit Rap-Musik auf mittelhochdeutsche Texte?