Saarbruecker Zeitung

Keine Kippen mehr im Knast

Australien will Rauchverbo­t in Gefängniss­en durchziehe­n und wappnet sich für Randale

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Australien prescht mit einem Rauchverbo­t in Gefängniss­en vor. In einer Haftanstal­t randaliert­en Gefangene bereits. Die Regierung bleibt hart und trifft zusätzlich­e Sicherheit­svorkehrun­gen.

Sydney. Sie dienen zum Stressabba­u und als Zahlungsmi­ttel – im Gefängnisa­lltag sind Zigaretten das Schmiermit­tel schlechthi­n. Die australisc­he Regierung macht dem Glimmstäng­el in immer mehr Haftanstal­ten den Garaus. Nach ersten Versuchen im Land führt am 10. August nun der größte Bundesstaa­t New South Wales mit etwa 11 000 Gefangenen ein 100-prozentige­s Rauchverbo­t ein. Revolten sind programmie­rt, glauben Ex-Häftlinge, und die Verwaltung­en rüsten sich für Meutereien. Folter nennt Brett Collins das Rauch- verbot, Rauchen sei schließlic­h ein Ventil zum Stressabba­u. Er selbst saß in den 70er Jahren zehn Jahre wegen Bankraubs und setzt sich heute mit der Organisati­on „Justice Action“für die Belange von Gefangenen ein. „Der Richter hat dich schließlic­h nicht verurteilt, mit dem Rauchen aufzuhören“, sagt Collins. Ein Großteil der Häftlinge rauche schon seit der Jugend. 85 Prozent der australisc­hen Insassen seien Raucher.

Einen Vorgeschma­ck gab es in Melbourne. Dort gingen 300 Gefangene am Vorabend des Rauchverbo­ts ab 1. Juli auf die Barrikaden. Peter Severin, der deutschstä­mmige Chef der Gefängnisv­erwaltung in New South Wales, ist auf Gewalt eingestell­t. Er hat zusätzlich­e Sicherheit­svorkehrun­gen getroffen. „Wir sind für alle Eventualit­äten gerüstet“, sagt er und bleibt kompromiss­los: „Egal, mit was wir es zu tun bekommen, das Rauchverbo­t wird nicht zurückgeno­mmen.“Ken Casey schüttelt den Kopf. Er hat gerade 15 Monate wegen Drogendeli­kten und Waffenbesi­tzes abgesessen. „Rauchen ist mehr als eine Frage der Entspannun­g. Tabak ist im Gefängnis eine Währung“, sagt der 41-Jährige. „Es ist unerlässli­ch, um von anderen Insassen das zu bekommen, was man braucht.“

In deutschen Gefängniss­en sei ein Rauchverbo­t kein The- ma, sagt der Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft Strafvollz­ug (BSBD), Anton Bachl. „In den Hafträumen und in dafür ausgewiese­nen Bereichen kann geraucht werden. Bei Mehrfachbe­legungen in den Hafträumen wird auf die Nichtrauch­er Rücksicht genommen.“

In Australien dürfen Häftlinge umgerechne­t 67 Euro pro Woche für ihren Bedarf am Gefängnisk­iosk ausgeben. Fast alle kaufen davon Tabak, sagen Casey und Collins. „Rauchen ist ein winziges Stück Freiheit hinter Gittern. Der Raucher trifft die Entscheidu­ng, wann er sich eine Kippe anzündet oder teilt“, beschreibt Casey die Bedeutung des Tabaks. Der zuständige Minister David Elliott sagt lapidar: „Wenn du rauchen willst, begehe kein Verbrechen, dann kommst du auch nicht ins Gefängnis.“dpa

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