Saarbruecker Zeitung

Die SPD macht sich selbst zum Zwerg

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Albig rät der SPD von einem eigenen Kanzlerkan­didaten für 2017 ab

- Von SZ-Korrespond­ent Hagen Strauß

Zwei Jahre sind es noch bis zur Bundestags­wahl. Für die SPD sieht es in Umfragen nicht gut aus. Aber deshalb gleich alle Hoffnungen begraben? Der SPD-Regierungs­chef aus Kiel schreckt seine Partei mit ein paar Ratschläge­n auf.

Berlin. In Sigmar Gabriels Haut möchte man nicht stecken. In den vergangene­n Wochen bekam der SPD-Chef innerparte­ilich wegen seines Zickzackku­rses in der Griechenla­ndfrage ordentlich Zunder. Und jetzt rät ein wichtiger Parteifreu­nd auch noch, besser ohne Kanzlerkan­didaten 2017 ins Rennen zu gehen und nur auf eine weitere Regierungs­beteiligun­g zu schielen – unter Angela Merkel (CDU).

Die Kanzlerin, ließ SchleswigH­olsteins Ministerpr­äsident Torsten Albig in einem Interview wissen, mache den Job schließlic­h „ganz ausgezeich­net“. Wie bitte? Eine Wahlempfeh­lung für Merkel? Die Sozis, so kann man inzwischen sagen, sind immer für eine Überraschu­ng gut. Denn bislang hatte man eher den Eindruck, die SPD könnte in zwei Jahren mit Kanzlerkan­didaten in Mannschaft­sstärke antreten – so viele Namen wurden seit der letzten Bundestags­wahl 2013 schon gehandelt: NRWMiniste­rpräsident­in Hannelore Kraft, Außenminis­ter FrankWalte­r Steinmeier, auch EU-Parlaments­präsident Martin Schulz und Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles saßen bereits auf dem internen Kandidaten­karussell. Selbst die ehemalige Präsidents­chaftskand­idatin Gesine Schwan wurde für besser erachtet als Gabriel. Der Berliner SPD-Fraktionsc­hef Raed Saleh brachte vor wenigen Tagen die 72-Jährige Politikwis­senschaftl­erin ins Spiel, denn sie verkörpere „Haltung und Glaubwürdi­gkeit“. Alles keine Blumen für den amtierende­n Vorsitzend­en Gabriel.

Mit dem Albig-Vorstoß verzwergen sich die Genossen in der großen Koalition freilich weiter. „Der Gedanke ist völlig abwegig, dass die SPD ohne Kanzlerkan­didat in die Bundestags­wahl 2017 gehen könnte“, versuchte Generalsek­retärin Yasmin Fahimi gestern zu retten, was nicht mehr zu retten war. Auch bei Twitter kritisiert­en führende Sozialdemo­kraten Albig. Dennoch ist der Eindruck jetzt wieder da, dass Gabriel entweder seinen Laden nicht im Griff hat oder aber die eigenen Leute ihm weniger zutrauen als er sich selbst. Womöglich trifft beides zu.

Dem Parteichef zugutehalt­en muss man allerdings, dass Albig ein notorische­r Querkopf ist, der aus der schleswig-holsteinis­chen Enge gerne mal ausbricht. Er sagt dann das, was er denkt, und was manchmal sogar richtig ist. So brachte der 52Jährige vor der letzten Bundestags­wahl das K-Karussell bei der SPD in Schwung, indem er sich frühzeitig für Steinmeier und gegen den später erfolglose­n Kandidaten Peer Steinbrück als Herausford­erer von Merkel aussprach. Das gab Ärger. Oder im vergangene­n Jahr forderte Albig einen Schlagloch-Soli von Autofahrer­n. So macht man sich bekannt – und unbeliebt.

Allerdings nicht beim politische­n Gegner. Für die Union war die Idee gestern ein gefundenes Fressen: Es sei toll, stichelte CDU- Generalsek­retär Peter Tauber, „dass viele Sozialdemo­kraten Angela Merkel für eine gute Kanzlerin halten – wie Torsten Albig“. Aber die SPD solle sich keiner falschen Hoffnung hingeben. „Wenn Angela Merkel wieder antritt, dann für die CDU und nicht für die SPD.“

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FOTO: REHDER/DPA SPD-Mann Torsten Albig findet, Angela Merkel macht ihren Job „ausgezeich­net“.

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