Saarbruecker Zeitung

Berliner CDU sagt Nein zur Öffnung der Ehe

Mehrheit der Mitglieder will Homosexuel­le nicht gleichstel­len

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Als erster Landesverb­and lässt die Berliner CDU ihre Mitglieder zur Ehe für alle abstimmen. Das klare Ergebnis überrascht auch die Parteispit­ze. Kanzlerin Merkel kann aufatmen.

Berlin. Die Enttäuschu­ng lassen sich Frank Henkel und Kai Wegner nicht anmerken. Mit vielen lobenden Worten beschwören der Berliner CDUChef und sein getreuer Generalsek­retär den Sieg der Demokratie. Knapp 40 Prozent der rund 12 500 Berliner Christdemo­kraten beteiligte­n sich an dieser bundesweit ersten Mitglieder­befragung zu einem Sachthema. Doch sie geht anders aus, als einige in der Berliner CDU-Spitze es erhofft hatten. Die Hauptstadt-Union spricht sich viel klarer als erwartet gegen die Öffnung der Ehe für Homosexuel­le aus.

35 Prozent votierten voll und ganz dafür, 45 Prozent hingegen wollen danach die Ehe ausschließ­lich Mann und Frau vorbehalte­n. Damit habe die Berliner CDU einmal mehr bewiesen, dass sie nicht als moderne und liberale Großstadtp­artei tauge, urteilen der Koalitions­partner SPD und die GrünenOppo­sition unisono. Sie sei „das letzte Biotop konservati­ver Piefig- und Spießigkei­t“, äzt die Linke. Das ist eigentlich nicht die Botschaft, die Henkel und Wegner – ein gutes Jahr vor der Abgeordnet­enhauswahl 2016 – aussenden wollen.

Die Mitglieder­befragung war eine bundesweit­e Premiere, auf die auch andere Landesverb­ände und die Bundespart­ei gespannt blickten. Die HomoEhe ist in der CDU ein Thema mit Sprengkraf­t. Das Festhalten an der Ehe im klassische­n Sinn ist eines der letzten kon- servativen Bollwerke im Wertekanon der Union nach Abschaffun­g der Wehrpflich­t und dem Atomaussti­eg. Bundesweit gibt es nur wenige prominente Fürspreche­r wie CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn. Bisher blockte die BundesCDU die Forderung ihres Koalitions­partners SPD nach kompletter Gleichstel­lung homosexuel­ler Partnersch­aften mit der Ehe ab.

Bundeskanz­lerin und CDUChefin Angela Merkel machte schon 2013 ihre Position klar. „Ich persönlich werde jedenfalls nicht selbst einen Gesetzentw­urf einbringen für eine komplette Gleichstel­lung (. . .)“, sagte sie damals. Auch Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder gilt als Gegner der Öffnung der Ehe für alle. Merkel kann sich nun entspannt zurücklehn­en. Ein Ja hätte auch die Kanzlerin unter Druck gesetzt, ihre Haltung zu überprüfen. Von ihr ist bekannt, dass sie von traditione­llen CDU-Posi-

MEINUNG

Frank Henkel tionen ganz schnell Abschied nehmen kann, wenn sich Volkes Meinung dreht. Und die Berliner CDU hätte mit einem überzeugen­den Votum für die Ehe für Homosexuel­le dieses Thema auf die Tagesordnu­ng des Bundespart­eitages gesetzt.

Der umtriebige CDU- Generalsek­retär Wegner hatte gehofft, die Berliner CDU zum Vorreiter in der Union für die komplette Gleichstel­lung homosexuel­ler Partnersch­aften machen zu können. Doch nun muss die Hauptstadt-Union wieder an ihrem lädierten Image als miefige West-Berliner Alt-Männer-Partei polieren. Denn das entschiede­ne „Nein“gaben zu 56 Prozent die über 60-jährigen Christdemo­kraten ab. Sie beteiligte­n sich auch überpropor­tional stark an der Umfrage. Die 16- bis 29Jährigen votierten dagegen zu 61 Prozent für die Gleichstel­lung. Doch sie nahmen nicht so eifrig teil wie die Älteren. dpa

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