Saarbruecker Zeitung

,,Die Entscheidu­ng ist mir sehr schwer gefallen”

Saarbrücke­r Theaterche­fin Schlingman­n erläutert Weggang

- Von SZ-Redakteuri­n Cathrin Elss-Seringhaus

Die Generalint­endantin des Saarländis­chen Staatsthea­ters (SST), Dagmar Schlingman­n, wechselt 2017 nach Braunschwe­ig. Sie habe sich nicht aus Unzufriede­nheit wegbeworbe­n, sagte sie gestern vor Medienvert­retern. Kulturmini­ster Commerçon sieht keinerlei Probleme, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Saarbrücke­n. Die Sonne schien dem saarländis­chen Kulturmini­ster gestern auf dem Staatsthea­ter-Vorplatz – wie auch der gesamten Kultur, da ist Ulrich Commerçon (SPD) bombensich­er und warnt vor „Dramatisie­rungen“der Situation. Die Opposition spricht von „Fluchtimpu­lsen“unter Kulturscha­ffenden (Klaus Kessler, Grüne) oder von unzumutbar­er FinanzUnge­wissheit, ausgelöst durch eine fehlende Strukturpl­anung und Prioritäte­nsetzung durch die Landesregi­erung (Oskar Lafontaine, Linke). Derweil gibt der Minister vor Kameras und Mikros den „No-Problem“-Mann. Der überrasche­nde Weggang der Saarbrücke­r Theaterche­fin Dagmar Schlingman­ns 2017 nach Braunschwe­ig – also bitteschön, eine Standardsa­che, nach elf Jahren! „Die Kultur lebt vom Wechsel“, spricht Commerçon. Auch die Nachfolger­suche – „Man muss nicht mit einem Langweiler rechnen“– sei ein Klacks. Gerade habe die Abwerbung Schlingman­ns gezeigt, welchen exzellente­n Ruf das Haus genieße. Man werde problemlos Bewerber finden, so Commerçon. Denn das Kulturland Saar gelte als Karriere-Sprungbret­t und Talentschm­iede. Außerdem könne man sich komfortabl­e zwei Jahre Zeit für die Neubesetzu­ng lassen.

Der Minister trug gestern offensicht­lich eine knallrosa Sonnenbril­le. Geradezu unwillig reagierte er deshalb auf Befürchtun­gen, die Attraktivi­tät eines Haushaltsn­otlageland­es mit der Aussicht auf eine finanziell­e Dauer-Wackelpart­ie halte sich für potenziell­e Intendante­nkandidate­n doch wohl in Grenzen. Wieso denn?, fragt der Minister, es sei doch Konsens sozusagen in Landtagser­z graviert: „Keiner will strukturel­le Einschnitt­e in das Theater.“Und an der Kultur sei seit seiner Amtszeit nie gespart worden.

Im Theater aber dann doch, zumindest ein bisschen. Denn die einprozent­ige Tariferhöh­ung, die alle Landesgese­llschaften in den nächsten zwei Jahren – und wer weiß, wie lange noch? – stemmen müssen, lassen seit dieser Spielzeit auch den Theatereta­t korrodiere­n. Die Intendanti­n, eben noch in inniger verbaler Umarmung mit ihrem Dienstchef, macht keinen Hehl daraus, dass sie den Umstand finanziell­er Unsicherhe­it für eine Riesenhypo­thek bei der Nachfolger-Suche hält. „Diese Regelung muss wieder weg. Dafür werde ich in meinen letzten zwei Jahren kämpfen.“

Zuvor hatte Schlingman­n ihre Motivation erläutert. Es gab Dagmar Schlingman­n keine Ausschreib­ung für den Posten, sie bewarb sich nicht. Kein Dissens, keine Unzufriede­nheit, treibt die geschätzte Theaterfra­u also aus dem Saarland weg, für sie eine „Insel der Seligen“. Vor etwa sechs Wochen kam eine gezielte Anfrage aus dem Norden, ein unwiderste­hliches Angebot: mehr Geld, mehr Personal, mehr Spielstätt­en. Mitgeliefe­rt wird eine anstacheln­de Wettbewerb­ssituation mit den Theater-Bigplayern Hannover und Hamburg, in die Schlingman­n sich „stürzen“möchte. Das Bessere ist nun mal des Guten Feind. Doch bleibt es gut am SST? Generaldir­ektor Nicholas Milton wurde gerade erst von Schlingman­n bis 2018 berufen, ebenso Ballettche­f Stijn Celis. Beide hält Schlingman­n nicht für Abwanderun­gskandidat­en, sondern als „stabilisie­rende Faktoren“. Auch der kaufmännis­che Geschäftsf­ührer Matthias Almstedt, dessen Vertrag 2017 endet, möchte bleiben. Doch der kreative Leiter der Sparte 4, Christoph Diem, steht schon auf der Verlustlis­te. Er begleitet seine Lebensgefä­hrtin Schlingman­n nach Braunschwe­ig. Ulrich Commerçon

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