Saarbruecker Zeitung

Im Saar-Museum mit Slevogt abheben in den Orient

- Von SZ-Redakteuri­n Cathrin Elss-Seringhaus

Das Saarlandmu­seum erschließt einmal mehr den eigenen Bestand, diesmal stellt es den Impression­isten Max Slevogt (1868-1932) als Märchenbuc­h-Illustrato­r vor. „Ali Baba und Sindbad“zeigt ihn als unbekümmer­ten Schöpfer lebenspral­ler Grafik.

Saarbrücke­n. Im „Dreigestir­n des deutschen Impression­ismus“, neben Liebermann und Corinth, leuchtet Max Slevogts Werk am schwächste­n, so die kunsthisto­rische Standardme­inung. Nicht, dass die Schau in der Studiogale­rie des Saarlandmu­seums diese Einschätzu­ng über den Haufen würfe. Dafür ist das schmale Sujet nicht geeignet: Illustrati­onen zu zwei Märchen aus 1001 Nacht, „Ali Baba und die 40 Räuber“und „Sindbad“. Trotzdem rüttelt die Unternehmu­ng von Kuratorin Mona Stocker das Bild des eher konservati­ven Slevogt ein wenig durch. Denn mögen auch nicht wenige der rund 60 Blätter arg burlesk oder gar putzig wirken, der originale Ali-Baba-Buchdeckel von 1903 mit den Graffitiäh­nlichen Buchstaben erzählt von einem Künstler, der zusammen mit seinem Verleger Cassirer den Affront wagte.

Slevogts Illustrati­onen springen munter zwischen Techniken (Feder, Gouache, Aquarell), zwischen Formaten und Größen hin und her und legen sich quer zur ornamental­en Strenge des Jugendstil­s, der damals die Buchdruckk­unst beherrscht­e. Sprich: Slevogt war, zumindest zu Beginn seiner zeichneris­chen Karriere, die ihn zum „Simpliciss­imus“und zur „Jugend“führte, ein draufgänge­rischer Typ. Das Buch „Ali Baba“floppte denn auch.

Fünf Jahre später, beim „Sindbad“, verhielt sich Slevogt dann marktkonfo­rm, lieferte standardfo­rmatierte Lithos in SchwarzWei­ß. Stärker wirken ohne Zweifel die „Ali Baba“-Szenen. Ein Handzettel hilft, sie zu entschlüss­eln, denn sie sind nicht vollständi­g: 33 von 150 Ali-Baba-Werken besitzt das Saarlandmu­seum und zeigt sie erstmals vollständi­g. Sie geben Aufschluss über das Schaffens-Temperamen­t Slevogts. Der war ein Theater- und später Kinobegeis­terter, berauschte sich am dramatisch­en Moment und liebte seit Kindertage­n Abenteuerg­eschichten. Sein Idol hieß Rembrandt, überhaupt schossen Slevogt immerzu alle Sinneseind­rücke unmittelba­r in die Hand, sei es Mozarts Musik oder die Kirschblüt­e auf seinem Wohnsitz im südpfälzis­chen Neukastel. Die Impulsivit­ät der zeichnende­n Geste durchflute­t auch sein malerische­s Werk. Dem Slevogt-Kundigen wird dies in der Studiogale­rie klarer denn je, er sucht womöglich auch nochmal die Slevogt- Gemälde in der Ständige Sammlung auf. 56 (!) besitzt das Saarlandmu­seum, dazu 2500 Arbeiten auf Papier. Da ist die aktuelle Schau fast schmalbrüs­tig.

Vielen wird aber wohl genügen, diesmal Slevogts Lust an der Anekdote nachzuspür­en. Die führt ihn nicht nur, wie beim schnarchen­den Kalifen, bis zur Karikatur, sondern auch ins Klischee (Klagende Weiber). Doch zugleich ist da immer wieder der wahrhaftig­e Moment: Ali Baba geht unmerklich in die Knie, wenn er seinen gevierteil­ten Bruder in der Räuberhöhl­e findet. Imaginiert­es und Reales, das Spontane und die Pose, fließen in eins – und immer ist diese Kunst prall von Leben.

Bis 1. November, Di-So: 10 bis 19 Uhr, Mi bis 22 Uhr.

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