Im Saar-Museum mit Slevogt abheben in den Orient
Das Saarlandmuseum erschließt einmal mehr den eigenen Bestand, diesmal stellt es den Impressionisten Max Slevogt (1868-1932) als Märchenbuch-Illustrator vor. „Ali Baba und Sindbad“zeigt ihn als unbekümmerten Schöpfer lebenspraller Grafik.
Saarbrücken. Im „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“, neben Liebermann und Corinth, leuchtet Max Slevogts Werk am schwächsten, so die kunsthistorische Standardmeinung. Nicht, dass die Schau in der Studiogalerie des Saarlandmuseums diese Einschätzung über den Haufen würfe. Dafür ist das schmale Sujet nicht geeignet: Illustrationen zu zwei Märchen aus 1001 Nacht, „Ali Baba und die 40 Räuber“und „Sindbad“. Trotzdem rüttelt die Unternehmung von Kuratorin Mona Stocker das Bild des eher konservativen Slevogt ein wenig durch. Denn mögen auch nicht wenige der rund 60 Blätter arg burlesk oder gar putzig wirken, der originale Ali-Baba-Buchdeckel von 1903 mit den Graffitiähnlichen Buchstaben erzählt von einem Künstler, der zusammen mit seinem Verleger Cassirer den Affront wagte.
Slevogts Illustrationen springen munter zwischen Techniken (Feder, Gouache, Aquarell), zwischen Formaten und Größen hin und her und legen sich quer zur ornamentalen Strenge des Jugendstils, der damals die Buchdruckkunst beherrschte. Sprich: Slevogt war, zumindest zu Beginn seiner zeichnerischen Karriere, die ihn zum „Simplicissimus“und zur „Jugend“führte, ein draufgängerischer Typ. Das Buch „Ali Baba“floppte denn auch.
Fünf Jahre später, beim „Sindbad“, verhielt sich Slevogt dann marktkonform, lieferte standardformatierte Lithos in SchwarzWeiß. Stärker wirken ohne Zweifel die „Ali Baba“-Szenen. Ein Handzettel hilft, sie zu entschlüsseln, denn sie sind nicht vollständig: 33 von 150 Ali-Baba-Werken besitzt das Saarlandmuseum und zeigt sie erstmals vollständig. Sie geben Aufschluss über das Schaffens-Temperament Slevogts. Der war ein Theater- und später Kinobegeisterter, berauschte sich am dramatischen Moment und liebte seit Kindertagen Abenteuergeschichten. Sein Idol hieß Rembrandt, überhaupt schossen Slevogt immerzu alle Sinneseindrücke unmittelbar in die Hand, sei es Mozarts Musik oder die Kirschblüte auf seinem Wohnsitz im südpfälzischen Neukastel. Die Impulsivität der zeichnenden Geste durchflutet auch sein malerisches Werk. Dem Slevogt-Kundigen wird dies in der Studiogalerie klarer denn je, er sucht womöglich auch nochmal die Slevogt- Gemälde in der Ständige Sammlung auf. 56 (!) besitzt das Saarlandmuseum, dazu 2500 Arbeiten auf Papier. Da ist die aktuelle Schau fast schmalbrüstig.
Vielen wird aber wohl genügen, diesmal Slevogts Lust an der Anekdote nachzuspüren. Die führt ihn nicht nur, wie beim schnarchenden Kalifen, bis zur Karikatur, sondern auch ins Klischee (Klagende Weiber). Doch zugleich ist da immer wieder der wahrhaftige Moment: Ali Baba geht unmerklich in die Knie, wenn er seinen gevierteilten Bruder in der Räuberhöhle findet. Imaginiertes und Reales, das Spontane und die Pose, fließen in eins – und immer ist diese Kunst prall von Leben.
Bis 1. November, Di-So: 10 bis 19 Uhr, Mi bis 22 Uhr.