Der Geruch von Kurzschluss
Auf dem Wiener Motorensymposium diskutierten Autohersteller und Zulieferer über den Antrieb der Zukunft
Nicht die Autos werden zügig in großem Stil elektrisch, wohl aber viele ihrer Aggregate und Komponenten wie Pumpen, Servolenkung und Getriebe. Auf dem 36. Motorensymposium in Wien warf die Autobranche einen Blick in die Zukunft.
Wien. „Das ist wie ein Herzschrittmacher“, sagt der Grantler, „hält den Verbrennungsmotor im Greisenalter noch a bisserl am Leben.“Der Herr hat Unrecht, wie sich vor Kurzem auf dem 36. Wiener Motorensymposium gezeigt hat. Denn Benziner und Diesel gehören keineswegs zum alten Eisen, und der Elektromotor ist kein erbitterter Konkurrent, sondern vielmehr ein Partner. Dieses Resümee kann aus den Vorträgen des wohl bedeutendsten Kongresses rund um die Zukunft des automobilen Antriebs gezogen werden. Namhafte Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW nahmen am Symposium teil.
Der Elektromotor wird künftig nicht nur im Hybridantrieb zum Einsatz kommen, sondern auch immer mehr Komponenten und Aggregate, die einst über Riementriebe vom Motor in Gang gesetzt wurden, antreiben. Bei den Hydraulikpumpen für die Servolenkung ist das
Volkswagen hat in Wien seinen neuen Zwölfzylindermotor mit 6,0 Litern Hubraum und 608 PS/447 kW vorgestellt. Das Triebwerk soll auch den VW-Töchtern Bugatti und Bentley zugute kommen.
schon fast ausnahmslos der Fall, auch Wasserpumpen werden immer häufiger mit Strom betrieben.
Wird eine Elektromaschine – über Riemen gekoppelt oder als Bestandteil des Getriebes ange- flanscht – zum Starten des Verbrennungsmotors, als Anfahrhilfe oder kleiner Anschieber beim Zwischenspurt genutzt, spricht man von einem MildHybrid. Dieser soll laut VW sogar das Start-Stopp-System ab- lösen. Das spart noch mehr Treibstoff, verlangt aber mehr Strom.
Hersteller und Zulieferer gehen daher gleichermaßen davon aus, dass sie um eine Erhöhung der Bordspannung von zwölf auf 48 Volt nicht herum kommen. Dies würde auch die Elektrifizierung der Kupplungen von manuellen Getrieben erlauben. Bosch hofft als Entwickler dieser Hilfestellung auf einen Komfortgewinn und zehn Prozent weniger Verbrauch.
Aber auch der Verbrennungsmotor wird weiterhin gestreichelt. VW präsentiert die neueste Generation des W12-Motors als TSI mit 608 PS/447 kW Leistung und einem ungeheuren Drehmoment von 900 Nm. Das stellt der Schwerathlet (245 Kilogramm) von 1500 bis 4400 U/min bereit. An Spannkraft fehlt es ihm nicht. Der Motor beherrscht unterschiedliche Verbrennungstechniken, ist mit allen technischen Feinheiten garniert und dennoch erst die Basisversion des Spitzentriebwerks aus dem VW-Konzern. Es werden Varianten mit weit höheren Leistungsstufen folgen, die dann für die Luxus-Sportler von Bentley oder Bugatti vorgesehen sind.
Bodenständiger ist die Absicht, die variable TurboladerGeometrie auch für Benziner in der Großserie bereitzustellen. Bislang war es den filigranen, für Dieselmotoren entwickelten Turbinenschaufeln in den um rund 200 Grad heißeren Arbeitsplätzen im Benziner zu warm. Jetzt wurden sie fit für die Höllentemperaturen gemacht. Das bringt angenehmer verlaufende Drehmomentkurven und Verbrauchsvorteile.
Beschlossene Sache ist die Doppelkupplungsautomatik mit zehn Gängen bei VW. 550 Nm Drehmoment kann sie verarbeiten. Serienreif ist ebenso die Wassereinspritzung in den Zylinder: Das kühlt, erhöht die Verdichtung und senkt den Verbrauch um vier Prozent.
Weitere Maßnahmen schließen die komplette Vernetzung des Autos per Internet ein. Die Kenntnis von geographischen und topologischen Gegebenheiten der Fahrstrecke kann erheblich zum Treibstoffsparen beitragen. Selbst das Wissen um eine auf Rot umschaltende Ampel kann durch frühzeitiges, sanftes Bremsen manch ein Zehntel Sprit sparen. Diese Elektronifizierung und Vernetzung des Autos wurden ebenfalls von den Symposiumsteilnehmern angekündigt.
„Wenn man hier hereinkommt, meint man, es riecht nach Eisen und Benzin“, sagte ein Debütant beim jüngsten Kongress in Wien. „Und in ein paar Jahren wird es dann nach Kurzschluss riechen“, fügte ein anderer hinzu.