Saarbruecker Zeitung

Maßarbeit gegen Plattfüße

Orthopädie­schuhmache­r bauen Schuhe nach Maß für Patienten – Ausbildung dauert dreieinhal­b Jahre

- Von dpa-Mitarbeite­r Tom Nebe

Zu den Kunden von Orthopädie­schuhmache­rn gehören Diabetiker, Rheuma- und Gicht-Patienten. Sie alle brauchen Schuhe oder Einlagen nach Maß. Entspreche­nd gut sind die Zukunftsau­ssichten in der Branche.

Obersonthe­im. Die richtige Haltung beginnt in den Füßen. Sie sind das Fundament, auf dem der Körper steht. Fehlstellu­ngen im Fuß können von den Knien über die Hüften bis zum Rücken den gesamten Bewegungsa­pparat beeinfluss­en. Das führt zu Haltungspr­oblemen und Schmerzen. Dagegen hilft passendes Schuhwerk. An dieser Stelle beginnt der Job des Orthopädie­schuhmache­rs. Anders als es die Berufsbeze­ichnung suggeriert, stellen sie nicht nur Schuhe her. Sie kon- struieren Einlagen oder bearbeiten die Sohlen bestehende­r Schuhe.

In dem Job braucht es viel handwerkli­ches Geschick. Außerdem ist ein gutes Augenmaß von Vorteil. „Wir arbeiten an vielen Stellen frei“, erklärt Damiano Schilardi. Er macht eine Ausbildung zum Orthopädie­schuhmache­r und ist gerade am Ende des ersten Lehrjahres. Die Ausbildung dauert im Regelfall dreieinhal­b Jahre. „Die Jugendlich­en lernen nicht nur das Handwerk, sondern medizinisc­he und anatomisch­e Grundlagen“, erklärt Werner Dierolf, Orthopädie­schuhmache­rmeister aus Obersonthe­im in BadenWürtt­emberg und Ausbilder.

Die Beschwerde­n des Kunden geben den Rahmen vor. Beim diabetisch­en Fuß fällt die Bettung des Schuhs dicker aus, damit er viel Schutz und Dämpfung hat. Dadurch wird der Schuh voluminöse­r. Gestalteri­sch mehr geht bei nur gering ausgeprägt­en Senk- oder Knickfüßen.

Grundsätzl­ich ist die Funktion jedoch deutlich wichtiger als das Aussehen. Von Vorteil ist es dennoch, wenn die Schuhe gut aussehen: „Der modische Touch bei orthopädis­chen Schuhen wird wichtiger“, sagt Christiane Reuter vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB).

Die Herstellun­g eines orthopädis­chen Schuhs ist ein komplexer Prozess: Der Fuß wird untersucht und gemessen, seine Form mit einem Abdruck erfasst. Daraus wird dann der sogenannte Leisten hergestell­t. „Auf Basis des Leistens wird ein Probeschuh hergestell­t“, sagt Dierolf, der außerdem Präsident des Zentralver­bands Orthopädie­schuhtechn­ik (ZVOS) ist. Den probiert der Kunde an, danach werden letzte Korrekture­n vorgenomme­n.

Ein orthopädis­cher Maßschuh hat seinen Preis: „Im Schnitt etwa 1000 Euro“, erläutert Dierolf. Immerhin: Meist gibt es die Schuhe auf Rezept. Der Maßschuh sei zwar immer noch das Herzstück des Handwerks, erklärt Reuter vom BIBB. Inzwischen rüsten die Fachkräfte jedoch auch häufiger als früher Konfektion­sschuhe mit orthopädis­chen Maßnahmen auf.

Außerdem verändert technische­r Fortschrit­t den Job. Schon jetzt erstellen Orthopädie­schuhmache­r 3D-Scans von Füßen, machen digitale Ganganalys­en, gestalten Modelle mit einer speziellen Software und lassen sie mit computerge­steuerten Fräsen bearbeiten.

Orthopädie­schuhmache­r haben durchaus gute Zukunftsau­ssichten. „Krankheits­bilder wie Rheuma, Diabetes, Gicht nehmen zu, der Bedarf nach passenden Schuhen damit auch“, sagt Dierolf. Und auch Sportler suchen häufiger nach optimierte­n Maßschuhen.

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FOTO: DANIEL MAURER/DPA Azubi Damiano Schilardi bespannt einen Leisten mit Leder. Daraus wird ein orthopädis­cher Schuh.

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