Die Maler vom Chiemsee
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts lassen sich Künstler vom bayrischen See und seiner Umgebung inspirieren
München. Der See allein würde vollauf genügen. Tagsüber am Ufer radeln, wandern oder spazieren, abends die Füße ins klare, kalte Wasser halten und den Sonnenuntergang beobachten. Oder die Umrisse der Berge bewundern. Oder beides.
Aber da sind noch die Chiemseemaler, die Ende des 18. Jahrhunderts begannen, den See und seine Umgebung für sich zu entdecken. Auch für sie spielen die Berge als beeindruckende Kulisse eine wichtige Rolle. Und dann dieses Licht. Je nach Jahreszeit freundlich oder düster, zu allen Jahreszeiten schnell wechselnd.
Wie die Herren und die weni- gen Damen, die als Chiemseemaler bekannt geworden sind, mit dem Wind und mit den Wellen spielten, das kann man sich in der Chiemseemalergalerie auf der Insel Herrenchiemsee anschauen. Wer sich früh auf den Weg macht, hat Fähre und See fast für sich alleine; auch in der Galerie ist dann wenig Betrieb.
Zeit genug also, sich anzuschauen, wie viel Maler wie Julius Exter (1863 – 1939) zu bieten haben. Exter, ein später Chiemseemaler, gehörte zu den Mitbegründern der „Münchner Sezession“und war ein wichtiger Vorkämpfer der Moderne in München. Chiemseemaler als Kitsch abzutun verbietet sich also, wenngleich einem die ein oder andere Blumenwiese doch zu lieblich erscheinen mag.
Kleine Formate bevorzugten sie damals, die Maler, die sich im Freien niederließen, um sich der beeindruckenden Landschaft zu widmen. Die sollte man sich keineswegs nur auf Gemälden genauer anschauen. Denn da ist noch die kleine Fraueninsel. So niedlich und liebenswert, dass man sie – wie es ein Besucher formuliert – „am liebsten in die Jackentasche stecken würde.“Knapp 300 Menschen wohnen hier, im Sommer natürlich sehr viel mehr, denn von München ist es nicht weit bis an den Chiemsee, und clevere Münchner haben schon vor vielen Jahren nicht mehr genutzte Fischerhütten gekauft. Nette kleine Häuschen sind das, für die Wochenenden oder die Sommerferien. Für Ruhesuchende bietet auch das Kloster Raum, Kurse zur Entspannung inbegriffen.
Die Fischer am Chiemsee waren begehrte Motive der Künstlerkolonie Frauenchiemsee; letztendlich machten sie so auch den See bekannt. Auf der Herreninsel hingegen war einst nur Platz für einen: König Ludwig II. von Bayern hatte im 18. Jahrhundert hier eine Nachbildung des Schlosses von Versailles erbauen lassen. Fertig wurde es nie, ist aber heute ein touristischer Anziehungspunkt. Schloss und Insel gehören längst dem Freistaat Bayern und sie sind exklusiv geblieben: Auf der Insel wohnen ausschließlich die dort Beschäftigten. Sie fahren in der Saison die Touristen gerne mit Kutschen über die Insel. Wer sich selbst wie ein Kutscher fühlen möchte, muss im November herkommen – zum Kurs im Kutschfahren.
Während der Saison kann man auch in Künstlerrollen schlüpfen und Malkurse belegen. Wind, Wellen, die wechselnden Farben – für Anfänger an der Farbpalette, die sich in Ufernähe aufreihen, sind sie eine wahre Herausforderung. Touristen, das lernt man schnell, schauen aber jedem, der einen Pinsel in der Hand hält, über die Schulter und würdigen noch den seltsamsten Farbklecks. Zum Chiemseemaler reicht das kaum. Aber man kann eine schöne Zeit miteinander verbringen an diesem schönen See oder wie es auf bayrisch heißt: „Zam sei“.